In wirtschaftlich unsicheren Zeiten und bei unklarer Konjunktur gewinnt das Sparen an Bedeutung. Trotz der gestiegenen Bedeutung der Krisenvorsorge gibt es weiterhin eine deutliche Diskrepanz zwischen den finanziellen Möglichkeiten der Bevölkerung.
Eine aktuelle repräsentative Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Postbank zeigt, dass 41 Prozent der Befragten gezielt Geld für Krisenzeiten zurücklegen. Damit gehört die Vorsorge für wirtschaftlich schwierige Zeiten zu den wichtigsten Sparzielen der Deutschen. Nur der sogenannte “Notgroschen”, Rücklagen für unvorhersehbare Ausgaben wie Reparaturen oder medizinische Notfälle, wurde mit 48,2 Prozent Zustimmung noch häufiger genannt.
Trotz der gestiegenen Bedeutung der Krisenvorsorge gibt es weiterhin eine deutliche Diskrepanz zwischen den finanziellen Möglichkeiten der Bevölkerung. Fast ein Drittel der Befragten (29,7 Prozent) gab an, dass sie sich dank gestiegener Löhne und Renten heute mehr leisten können als noch im Vorjahr. Die Mehrheit, rund 63,5 Prozent, sah jedoch keine Verbesserung ihrer finanziellen Situation. Dieser Unterschied im Empfinden der eigenen finanziellen Lage spiegelt sich auch in den Sparzielen wider: Während einige aufgrund der gestiegenen Kaufkraft vermehrt Geld für größere Anschaffungen zurücklegen, bleibt für andere die Absicherung vor unvorhergesehenen Ausgaben vorrangig.
Sparquote steigt
Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Postbank, hob die wieder gestiegene Sparquote in Deutschland hervor. Diese erhöhte Sparbereitschaft sei nicht nur durch die gestiegenen Zinsen, sondern auch durch die größere Vorsicht der Verbraucher:innen in Anbetracht einer schwächelnden Konjunktur und unsicherer Aussichten auf dem Arbeitsmarkt zu erklären. Laut dem aktuellen Herbstgutachten der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute lag die Sparquote zuletzt bei 11,3 Prozent, was einen Anstieg gegenüber den Vorjahren darstellt.
Ein Blick auf die Sparzwecke der Deutschen zeigt ein vielfältiges Bild. Neben der Krisenvorsorge und dem Notgroschen legen viele Menschen auch Geld für ihre Altersvorsorge zurück. Mit 35,6 Prozent ist dies ein zentrales Sparziel für die Befragten. Zudem gaben 22,9 Prozent an, dass sie für eine besondere Ausgabe, wie beispielsweise eine Reise oder größere Anschaffungen, sparen. Weitere 16,4 Prozent der Befragten wollen Rücklagen für ihre Kinder oder andere Angehörige bilden, insbesondere für deren Ausbildung oder andere wichtige Lebensereignisse. Auf Platz sechs der häufigsten Sparzwecke folgen die Renovierung oder Modernisierung von Haus oder Wohnung (13,5 Prozent), der Kauf eines Autos (11,5 Prozent) und die Anschaffung von neuen Möbeln oder Wohnungseinrichtungen (10,6 Prozent). Der Erwerb von Wohneigentum, ein klassisches Sparziel in Deutschland, rangiert mit 8,6 Prozent auf den hinteren Plätzen.
Sparprioritäten variieren in verschiedenen Lebensphasen stark
Interessant ist, dass die Bereitschaft, Geld für Krisenzeiten zurückzulegen, stark vom Alter der Befragten abhängt. Je älter die Umfrageteilnehmer:innen sind, desto stärker fokussieren sie sich auf eine finanzielle Absicherung für mögliche Notlagen. Junge Menschen hingegen, vorwiegend die Altersgruppe der unter 30-Jährigen, sparen überdurchschnittlich häufig für persönliche Wünsche oder größere Ausgaben, die ihnen Freude bereiten, wie etwa eine Reise oder technisches Equipment. Dies deutet darauf hin, dass die Prioritäten in den verschiedenen Lebensphasen stark variieren.
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Trotz der finanziellen Herausforderungen, mit denen viele konfrontiert sind, zeigt die Umfrage, dass das Sparen in Deutschland nach wie vor weit verbreitet ist. Der Umfrage zufolge bilden aktuell 79,9 Prozent der Teilnehmer:innen Rücklagen, was nahezu dem Niveau des Vorjahres entspricht (80,6 Prozent). Der Anteil derjenigen, die angaben, aktuell nichts sparen zu können, liegt bei 13,2 Prozent und ist im Vergleich zum Vorjahr (14,8 Prozent) leicht gesunken. Dies verdeutlicht, dass der Großteil der Bevölkerung auch in unsicheren Zeiten versucht, finanziell vorzusorgen.
Das Sparkonto verliert an Beliebtheit
Ein weiterer Aspekt, der in der Umfrage beleuchtet wurde, ist die Wahl der Sparformen. Angesichts der gestiegenen Zinsen hat das Girokonto etwas an Beliebtheit verloren. Noch immer sparen jedoch 40,8 Prozent der Befragten auf dem Girokonto, während es in der vorangegangenen Umfrage noch 47,6 Prozent waren. Stattdessen entscheiden sich immer mehr Menschen für alternative Sparformen. So nutzen 34,7 Prozent ein Tagesgeldkonto, was einen leichten Anstieg gegenüber dem Vorjahr (33,2 Prozent) darstellt. Das klassische Sparkonto, das lange Zeit zu den bevorzugten Sparformen der Deutschen zählte, verliert ebenfalls an Attraktivität. Lediglich 21,5 Prozent der Befragten gaben an, auf ein Sparkonto zu setzen, verglichen mit 27 Prozent im Vorjahr.
Eine deutliche Zunahme lässt sich hingegen bei Wertpapieren beobachten. Mit 30,2 Prozent entschied sich ein größerer Teil der Befragten für diese Anlageform als im Vorjahr (26,7 Prozent). Diese Entwicklung könnte darauf hindeuten, dass die Deutschen trotz einer konservativen Spartradition zunehmend offen für renditestarke Anlageformen werden. Parallel dazu gaben 12,8 Prozent der Befragten an, Geld zu Hause aufzubewahren, ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr (15,4 Prozent).