Mütter verdienen deutlich weniger

Eltern mit Kind an der Hand

Armutsrisiko Kind? Zumindest ist die Einkommenslücke zwischen Frauen mit Kindern und Frauen, die keine Kinder haben, deutlich zu erkennen, so eine Bertelsmann-Studie.

Mütter verdienen der Untersuchung zufolge aufs gesamte Erwerbsleben gesehen deutlich weniger als kinderlose Frauen. Diese sogenannte motherhood lifetime penalty (lebenslange Strafe der Mutterschaft) ist im Verlauf der Zeit sogar größer geworden, wie die Studie Bertelsmann Stiftung belegt. Kinderlose Frauen konnten den Einkommensrückstand zu Männern mit der Zeit dagegen verkleinern – etwas. Und die Corona-Krise könnte die Entwicklung eher verschärfen, weil vor allem Frauen in der Pandemie die unbezahlte Sorgearbeit übernommen haben und oft dafür im Job die Arbeitszeit reduziert oder Nachteile in Kauf genommen haben.

Um Aussagen über den Einfluss des Kinderkriegens auf die Löhne von Frauen machen zu können, konzentriert sich die Studie auf den Vergleich von Einkommen über das gesamte Erwerbsleben hinweg. Die Entscheidung für ein Kind führt bei Frauen demnach durchschnittlich zu Einbußen von rund 40 Prozent. Wer sich gleich für mehrere Kinder entscheidet, hat im Schnitt sogar 70 Prozent weniger Einkommen als die kinderlosen Geschlechtsgenossinnen. Die Einschnitte erklären sich vor allem dadurch, dass viele Mütter im Job aussetzen oder massiv die Arbeitszeit reduzieren.

Hunderttausende Euro weniger

Die Forscherinnen schlagen daher vor, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken und das Ehegattensplitting zu reformeren. Auch könnte mehr Tarifbindung helfen, die Einkommenslücke zu reduzieren. Wichtig wäre mehr Tarifbindung vor allem in den typisch weiblichen Branchen wie Pflege oder Einzelhandel.

Eine frühere Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hatte im Frühjahr gezeigt, dass Männer über das Arbeitsleben hinweg beinahe doppelt so viel Geld verdienen wie Frauen. Westdeutsche Männer kommen demnach auf ein durchschnittliches Gesamteinkommen von 1,5 Millionen Euro von ihrem 20. bis zum 60. Lebensjahr, westdeutsche Frauen hingegen nur auf 830.000 Euro. Im Osten verdienen Männer in dieser Zeitspanne 1,1 Millionen Euro, Frauen 660.000 Euro.

Ein zweites Kind vergrößert die Lücke

In der neuen Untersuchung wurde nun der Frage nachgegangen, wie stark diese Diskrepanz von der Entscheidung für Nachwuchs sowie der Kinderzahl abhängt. Der Simulationsrechnung zufolge werden sich lediglich kinderlose Frauen, die 1982 in Westdeutschland zur Welt kamen, mit voraussichtlich 1,3 Millionen Euro Einkommen in ihrem Erwerbsleben dem Einkommen gleichaltriger Männer annähern. Gleichaltrige Mütter mit einem Kind verdienen demnach 43 Prozent weniger – ein zweites Kind vergrößert die Lücke auf 54 Prozent, ein drittes auf 68 Prozent.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.