Wie lernen wir mit KI erfolgreich?

Mann sitzt am Tisch vor Laptop

Künstliche Intelligenz liefert bequem Antworten, die man sich sonst mühsam erarbeiten müsste. Doch wer nur konsumiert, lernt wenig. Forschende der Universität St.Gallen und anderer Hochschulen untersuchten deshalb, wie KI das Lernen fördern kann, ohne es zu ersetzen.

„Conversational Agents“, die auf Large Language Modells (LLM) basieren, gehören zu den gängigsten Anwendungen generativer KI. Kaum jemand, der nicht ChatGPT, Claude, Gemini oder ähnliche Produkte nutzt – auch in Schulen. Doch falsch eingesetzt, bringen diese Tools wenig. Im schlimmsten Fall „halluzinieren“ sie und liefern falsche Antworten. Ein spannendes Ansatz sind daher „Pedagogical Conversational Agents“ (PCA), die als Lernbegleiter dienen. OpenAI erkannte dieses Potenzial früh und ermöglichte 2022 der Lernplattform „Khan Academy“, ChatGPT für personalisierte Tutoren zu nutzen.

Wie müssen PCAs gestaltet sein, um optimal zu unterstützen? Diese Frage untersuchte ein interdisziplinäres Team der Universität Kassel und der Universität St.Gallen (HSG). „Mich treibt die Frage an, wie wir Lernen mit skalierbaren und digitalen Lösungen aktiv gestalten können, anstatt nur zu beobachten, was Tools wie ChatGPT mit den Studierenden machen“, sagt Andreas Janson, Postdoc am Institut für Wirtschaftsinformatik (IWI-HSG). „Bildungstechnologien müssen nicht bloß funktionieren – sie sollten so entworfen sein, dass sie motivieren, individuelle Bedürfnisse aufgreifen und echte Wirkung entfalten.“

PCA-Interaktionen schneiden besser ab

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtJanson und sein Team führten eine Feldstudie mit 129 Studierenden durch. Sie verglichen zwei Systeme: Ein Kontrollsystem vermittelte Inhalte klassisch, ohne Rückfragen. Der experimentelle PCA forderte die Studierenden hingegen aktiv auf, Unklarheiten zu benennen und nachzufragen. Beide Systeme nutzten identische Materialien und Aufgaben. Das Ergebnis: Studierende, die mit PCA interagierten, schnitten im Wissenstest besser ab. Der Schlüssel war die Etablierung eines „Common Ground“ – eines gemeinsamen Verständnisses zwischen Lernenden und KI.

„KI-basierte Lernpartner können helfen, doch sie verstehen die Bedürfnisse der Lernenden nicht automatisch“, erklärt Janson. „Viele überfordern Lernende durch komplexe Interaktionen oder unterfordern sie, indem unreflektierte Lösungen bereitgestellt werden. Deshalb sollten KI-Lernbegleiter ein gemeinsames Verständnis mit den Lernenden aufbauen und durch motivierende Elemente den Lernprozess unterstützen.“ Obwohl die Studie nur Hochschulstudierende einbezog, glaubt Janson, dass sich die Erkenntnisse auf andere Bildungsstufen übertragen lassen: „Man kann einen PCA so konzipieren, dass er den Bedürfnissen und Rahmenbedingungen jeder beliebigen Lerngruppe gerecht wird.“


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Gemeinsames Verständnis steigert den Lernerfolg

Eine weitere Studie, veröffentlicht im Fachjournal „Computers & Education“, untersuchte, wie Gamification-Elemente wie Punkte, Ranglisten oder digitale Auszeichnungen die Motivation beim KI-gestützten Lernen steigern. Andreas Janson, Prof. Jan Marco Leimeister und Forschende der Universitäten Kassel, Wuppertal und der TU Braunschweig entwickelten und testeten in mehreren Zyklen einen „gamifizierten“ PCA. Dabei identifizierten sie vier Gestaltungsprinzipien, die den Lernerfolg messbar verbessern – das sogenannte „GNPL Framework“:

  1. Zielsetzung und Reflexion: Lernende setzen sich Ziele und reflektieren ihren Fortschritt.
  2. Novize-Experte-Beziehung: Der PCA kommuniziert auf Augenhöhe mit den Lernenden.
  3. Leistungsbezogene Motivation: Individuelles Feedback und Anreize fördern das Erreichen von Lernzielen.
  4. „Erzählen einer Lernstory“, also dass Aufgaben, Herausforderungen und Situationen durch den PCA zu einem kontinuierlichen, sinnhaften Narrativ zusammengefügt werden.

Mit spielerischen Ansätzen experimentieren

Aus seinen Forschungen leitet Janson drei Grundsätze für zukunftsfähiges KI-gestütztes Lernen ab: „Erstens, müssen wir Lernende, Lehrende und digitale Lernpartner als Team verstehen und ganzheitliche Lernprozesse zur Ko-Kreation von Wissen entwickeln. Zweitens ist Motivation kein Luxus, sondern die Voraussetzung fürs Dranbleiben. Deshalb sollten Bildungseinrichtungen mit spielerischen Ansätzen experimentieren, um die Nutzung von Lernangeboten sicherzustellen. Drittens müssen Unterstützungsangebote dialogischer werden – egal ob mit Menschen oder KI.“

Die Forschung von Andreas Janson wurde vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) mit 100.000 CHF im Rahmen eines Spark-Grants gefördert. Zudem zeichnete die Association for Information System (AIS) ein von ihm und der Universität Kassel verfasstes Paper auf der International Conference on Information Systems (ICIS) 2024 als „Best Education Paper“ aus.

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