Alkoholabhängigkeit ist in der Gesellschaft weit verbreitet und wirkt sich auch am Arbeitsplatz aus. Wie reagieren Führungskräfte sensibel, erkennen Anzeichen und bieten Unterstützung, um die Arbeitsplatzkultur zu stärken?
Etwa fünf Prozent der Beschäftigten gelten als klinisch alkoholabhängig. Diese Problematik betrifft nicht nur die Betroffenen, sondern hat auch erhebliche Folgen für Unternehmen: höhere Fehlzeiten, sinkende Produktivität und ein erhöhtes Unfallrisiko. Doch wie sollten Führungskräfte reagieren, wenn sie vermuten, dass ein Mitarbeitender alkoholkrank ist?
Führungskräfte sollten das Thema mit der nötigen Sensibilität angehen. Alkoholkrankheit ist eine anerkannte Erkrankung, keine moralische Schwäche. Es ist wichtig, dies zu erkennen und empathisch sowie respektvoll zu handeln. Betroffene kämpfen oft mit Scham, was den Umgang erschwert. Ein respektvoller Umgang schafft Vertrauen und erleichtert den Zugang zu einem konstruktiven Dialog.
Anzeichen frühzeitig erkennen
Mögliche Hinweise auf ein Alkoholproblem sind:
– Häufige Fehlzeiten, besonders montags oder nach Feiertagen.
– Nachlassende Arbeitsleistung und Konzentration.
– Auffälligkeiten wie Alkoholfahne, verwaschene Sprache oder unsicherer Gang.
– Wesensänderungen wie Gereiztheit oder unangemessenes Verhalten gegenüber Kolleg:innen oder Kund:innen.
Diese Anzeichen deuten nicht zwangsläufig auf Alkoholmissbrauch hin, können aber ein Indiz sein. Wichtig ist, diese Auffälligkeiten sachlich zu dokumentieren, um eine Grundlage für spätere Gespräche zu schaffen.
Das Interventionsgespräch vorbereiten
Ein Interventionsgespräch ist essenziell im Umgang mit alkoholkranken Mitarbeitenden. Es sollte gut vorbereitet sein, um Missverständnisse und Eskalationen zu vermeiden:
– Zeitpunkt und Ort: Wählen Sie einen ruhigen und ungestörten Ort. Planen Sie das Gespräch nicht vor Feierabend oder am Ende der Woche.
– Dokumentation: Bereiten Sie sich mit einer Liste konkreter Vorfälle vor, die Anlass zur Besorgnis geben.
– Sachlichkeit: Formulieren Sie Ihre Anliegen klar und sachlich, ohne Vorwürfe oder moralische Bewertungen.
Das Ziel des Gesprächs ist, das Problem anzusprechen, Hilfe anzubieten und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten.
Zwei Gesprächsarten unterscheiden
Führungskräfte können zwischen einem Klärungsgespräch und einem Fürsorgegespräch unterscheiden:
– Klärungsgespräch: Wird geführt, wenn es Anzeichen für ein Problem gibt, das aber noch nicht eindeutig belegt ist. Ziel ist es, das Verhalten zu klären und darauf hinzuweisen, dass es geändert werden muss.
– Fürsorgegespräch: Wird geführt, wenn das Alkoholproblem bekannt oder offensichtlich ist. Hier steht im Vordergrund, Hilfe anzubieten und auf Unterstützungsangebote hinzuweisen, wie etwa betriebliche Suchtberatungsprogramme oder externe Stellen.
In beiden Fällen sollten Führungskräfte klare Erwartung formulieren, dass das problematische Verhalten beendet werden muss, um das Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten.
Unterstützung anbieten und Konsequenzen aufzeigen
Ein zentraler Aspekt im Umgang mit alkoholkranken Mitarbeitenden ist die Unterstützung. Führungskräfte sollten gut vorbereitet sein und Informationen über Beratungsstellen, Therapieangebote und betriebliche Hilfsprogramme bereithalten. Das Signal, Hilfe statt Sanktionen anzubieten, kann für Betroffene ein wichtiger Anstoß sein, Unterstützung anzunehmen.
Wenn Mitarbeitende uneinsichtig bleiben oder das Verhalten sich trotz Gesprächen nicht ändert, sind Sanktionen unvermeidlich. Führungskräfte sollten den Stufenplan für Suchtprobleme nutzen, der ein gestuftes Vorgehen ermöglicht:
– Dokumentation von Vorfällen und erste Gespräche.
– Schriftliche Abmahnung bei anhaltendem Fehlverhalten.
– Kündigungsandrohung, falls keine Veränderung eintritt.
Es ist entscheidend, diese Schritte klar zu kommunizieren und Mitarbeitende über die Konsequenzen ihres Handelns aufzuklären. Gleichzeitig sollte immer wieder das Hilfsangebot betont werden.
Prävention durch Unternehmenskultur
Eine klare betriebliche Haltung zu Alkohol am Arbeitsplatz kann Probleme langfristig verhindern. Beispielsweise kann durch eine „Null-Promille-Policy“ oder alkoholfreie Veranstaltungen ein starkes Signal gesetzt werden. Führungskräfte sollten hierbei als Vorbilder agieren und den Verzicht auf Alkohol im Unternehmen aktiv vorleben.
Der Umgang mit alkoholkranken Mitarbeitenden erfordert Sensibilität, klare Kommunikation und eine gute Vorbereitung. Führungskräfte können durch frühzeitige Gespräche, unterstützende Maßnahmen und eine klare betriebliche Regelung nicht nur das Wohl der Betroffenen fördern, sondern auch die Leistungsfähigkeit und Sicherheit im Unternehmen gewährleisten. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, Hilfe und Konsequenz in einem ausgewogenen Verhältnis zu halten. Durch eine konstruktive Herangehensweise können Unternehmen ihrer Verantwortung gerecht werden und gleichzeitig ein gesundes Arbeitsumfeld schaffen.
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