Das Liebesleben von Beschäftigten ist Privatsache

Geformtes Herz mit Fingern

Der Axel Springer-Konzern verlangt, dass Führungskräfte und Mitarbeitende Beziehungen am Arbeitsplatz melden. Ein weitreichender Eingriff. Doch wie weit darf ein Arbeitgeber gehen, wenn es um private Angelegenheiten seiner Angestellten geht?

Im Fokus FehlverhaltenNach dem Fall Julian Reichelt plant der Medienkonzern weltweit Vorschriften, die Führungskräfte verpflichten, Beziehungen mit Untergebenen offenzulegen. So will man Interessenskonflikte und Machtmissbrauch verhindern. Springer-CEO Matthias Döpfner erklärt, das Unternehmen strebe eine einheitliche Kultur an und wolle US-amerikanische Standards im gesamten Haus etablieren.

Unternehmen stehen oft vor der Herausforderung, Liebe am Arbeitsplatz zu regeln. Doch helfen Ethikvorgaben, wenn sie ins Privatleben eingreifen? Das deutsche Arbeitsrecht setzt hier enge Grenzen – ein allgemeiner Anspruch auf Informationen über das Liebesleben ist kaum rechtssicher durchsetzbar.

Liebe am Arbeitsplatz lässt sich nicht verbieten

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtDer Widerstand gegen Springers Vorstoß ist groß. Viele Fragen bleiben ungeklärt: Wer soll die Informationen enthalten? Die Compliance-Abteilung? Das Top-Management? Eine Ombudsperson? Und was folgt daraus? Was, wenn aus einem Flirt keine Beziehung wird? Ab wann gilt eine Beziehung als meldepflichtig? Und was passiert bei einer Trennung – muss das Unternehmen auch darüber informiert werden?

Liebe am Arbeitsplatz lässt sich nicht verbieten. Man kann zwar anordnen, dass Paare nicht direkt zusammenarbeiten und einer der Partner versetzt wird. Doch das birgt Risiken: Karrieren können leiden, und Paare könnten ihre Beziehung verschweigen.


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Ethikregeln greifen oft ins Leere

Ethikregeln in Unternehmen bewirken meist wenig. Viele Mitarbeitende ziehen es vor, ihr Privatleben geheim zu halten. Doch will man eine Kultur des Verheimlichens? Ethikkodizes, die das Offenlegen von Beziehungen fordern, wirken oft übergriffig. Worum geht es wirklich? Will der Konzern wissen, wer mit wem liiert ist, oder will er Machtmissbrauch verhindern?

Geht es um Letzteres, ist die Meldepflicht das falsche Mittel. Verliebte, die es ernst meinen, machen ihre Beziehung ohnehin öffentlich, wenn sie bereit sind. Sie vermeiden Interessenskonflikte von selbst – niemand will dem Partner oder der Partnerin schaden. Machtmissbrauch wie im Fall Julian Reichelt bekämpft man besser mit einem echten Kulturwandel: Man muss strukturellen Sexismus aufdecken, verhindern und die richtigen Menschen in Führungspositionen bringen.

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Cover Was Chefs nicht dürfen (und was doch)

 

Was Chefs nicht dürfen – und was doch
von Sabine Hockling und Ulf Weigelt
Ullstein Verlag (1. Auflage, Juni 2017)
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ISBN 978-3-548-37694-3

 


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Tina Groll

Tina Groll, SPIEGEL-Bestsellerautorin und Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft, konzentriert sich als Autorin von WIR SIND DER WANDEL auf Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren” aus. Ferner ist sie Mitglied im Deutschen Presserat.