Wer seine Vorgesetzten beleidigt, riskiert die fristlose Kündigung – erst recht, wenn die Beleidigung rassistisch ist.
Eine Verkäuferin nannte ihre asiatisch-stämmige Chefin “Ming Vase” – und wurde daraufhin entlassen. Das Berliner Arbeitsgericht bestätigte die Kündigung. Die Bezeichnung sei rassistisch und ziele darauf ab, die Vorgesetzte “erheblich” herabzuwürdigen. Damit sei eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt, so das Urteil vom 18. Mai 2021 (Az. 55 BV 2053/21). Das Gericht ersetzte die Zustimmung des Betriebsrats, der diese verweigert hatte.
Der Fall betraf eine Verkäuferin in einem Kaufhaus mit internationalem Publikum. Laut Gericht sagte sie sagte an einem Arbeitstag zu einer Kollegin, sie solle die Artikel korrekt abhaken, “sonst gibt es wieder Ärger mit der Ming Vase”. Auf Nachfrage eines anwesenden Vorgesetzten wiederholte sie die Aussage und unterstrich sie mit einer Geste, die eine asiatische Augenform imitierte.
Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Kündigung
Die Äußerung bliebt nicht folgenlos: Der Arbeitgeber hörte die Mitarbeiterin an, um ihre Haltung zu klären. Dabei erklärte sie, “Ming Vase” stehe für sie für etwas Schönes und Wertvolles. Die Augenform habe sie imitiert, um nicht “Schlitzauge” zu sagen – ebenfalls eine rassistische Beleidigung. Zudem gab sie an, sie nenne schwarze Menschen gelegentlich “Herr Boateng”, weil sie den Fußballer bewundere.
Für den Arbeitgeber war das Maß voll. Er sprach die fristlose Kündigung aus, benötigte dafür jedoch die Zustimmung des Betriebsrats, da die Verkäuferin Ersatzmitgliech des Gremiums war. Die Betriebsrat verurteilte zwar die rassistischen Äußerungen, sah aber kein grundsätzlich rassistisches Gedankengut bei der Mitarbeiterin und verweigerte die Zustimmung.
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Arbeitsgericht bestätigt Kündigung
Das Arbeitsgericht ersetzte daraufhin die Zustimmung des Betriebsrats. Es urteilte, die Worte und Gesten der Verkäuferin seien “zur Ausgrenzung von Mitmenschen anderer Herkunft, deren Beleidigung und zu deren Herabsetzung geeignet”. Besonders in einem Kaufhaus mit internationalem Publikum sei es untragbar, wenn Kund:innen abwertend bezeichnet würden.
Das Urteil, das bereits am 5. Mai 2021 erging, lässt eine Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zu.
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