Dürfen Arbeitgeber nur Frauen einstellen?

Frau mit Handy in der Hand

Sucht ein Unternehmen in einer Stellenanzeige nur nach weiblichen Arbeitnehmern, ist die Stellenausschreibung nicht AGG-konform. Das heißt, ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz ist offenbar – und das kann sehr teuer werden.

Daher verzichten immer mehr Arbeitgeber bei ihren Stellenausschreibungen auf Merkmale wie Geschlecht, Religion, körperliche Leistungsfähigkeiten, Nationalität, Altersgrenzen usw. Denn nur so sind Unternehmen auf der sicheren Seite. Auch der Wunsch nach einem Lichtbild wird immer seltener von Arbeitgebern eingefordert. Denn auch ein Foto gibt Auskunft über Alter, Nationalität und Geschlecht. Und weil ein abgelehnter Bewerber genau das gegen den Arbeitgeber als Ablehnungsgrund verwenden könnte, verzichten immer mehr Unternehmen darauf.

Aufpassen sollten Unternehmen auch bei indirekten Benachteiligungen. Wer einen „jungen“ Bewerber, einen „Muttersprachler“ oder einen „körperlich belastbaren“ Bewerber sucht, grenzt ebenfalls eine große Gruppe von Bewerbern aus.

Suchen Unternehmen ausschließlich nach Männern, ist das diskriminierend

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtEin Urteil des Arbeitsgericht Stuttgart (Az.: 29 Ca 2793/07) zeigt, dass abgelehnte Bewerber durchaus Erfolg mit einer Entschädigungsklage haben können. Ein Unternehmen schaltete folgende Anzeige: „Wir suchen erfolgsorientierte, branchenkundige Außendienst-Verkäufer für den Großraum Offenburg – Freiburg – Lörrach. Sie verfügen bereits über Kontakte zu unseren Kunden und sind ein Verkaufsprofi mit Leib und Seele. … Idealerweise sind Sie nicht älter als 45 Jahre.“ Eine abgelehnte Bewerberin klagte gegen diese geschlechtsbezogene Stellenanzeige und bekam Recht. Das Arbeitsgericht sprach der Klägerin knapp 2.000 Euro als Entschädigung zu.

Sucht ein Unternehmen also ausschließlich nach Männern, ist das eine unzulässige Diskriminierung von Frauen. Die Folge: Frauen können nach § 15 AGG eine Entschädigung verlangen.

Wichtig: Arbeitgeber dürfen ihre Suche nur auf Frauen beschränken, wenn das Geschlecht eine wesentliche und entscheidende Anforderung für die Tätigkeit darstelle (§ 8 AGG).

Entscheidend sind geschlechtsspezifische Voraussetzungen

Ein Fall, der bis zum Bundesarbeitsgericht ging (Az.: 8 AZR 77/09) zeigt, in welchen Fällen eine Suche nach nur einem Geschlecht möglich ist. Im vorliegenden Fall wurde eine kommunale Gleichstellungsbeauftragte gesucht. Ihre Aufgabe sollte es sein, Frauen in Problemfragen zu beraten. Und weil der Arbeitgeber davon überzeugt war, dass betroffene Frauen sich bei einer weiblichen Gleichstellungsbeauftragten wohler fühlten, sucht er nach einer weiblichen Gleichstellungsbeauftragten.

Ein männlicher Bewerber fühlte sich diskriminiert und forderte aufgrund seiner Bewerbungsabsage eine Entschädigungszahlung. Er zog vor Gericht und verlor. Für das Bundesarbeitsgericht stand hier die vorgegebene spezielle Anforderung der Position im Vordergrund.

Wichtig: Trotz dieser Entscheidung können und sollten Unternehmen nicht davon ausgehen, dass bei Positionen, die auf Frauen oder Männer zugeschnittene Tätigkeiten vorweisen, Männer oder Frauen bei der Besetzung ausgeschlossen sind. Das heißt Tätigkeiten, die sowohl von Männern als auch Frauen erfüllt werden können, können auch von beiden Geschlechtern ausgeführt werden. Bestehen also keine geschlechtsspezifischen Voraussetzungen, müssen beide Geschlechter gesucht werden.

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Sabine Hockling

Die Chefredakteurin Sabine Hockling hat WIR SIND DER WANDEL ins Leben gerufen. Die Wirtschaftsjournalistin und SPIEGEL-Bestsellerautorin beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Veränderungen unserer Arbeitswelt. Als Autorin, Herausgeberin und Ghostwriterin veröffentlicht sie regelmäßig Sachbücher – seit 2023 in dem von ihr gegründeten DIE RATGEBER VERLAG.