Das Bundesarbeitsgericht entschied in einem Streit über den Zugang einer Kündigung, dass ein Einwurf-Einschreiben mit Einlieferungsbeleg und Sendungsverfolgung keinen ausreichenden Beweis für den Erhalt des Schreibens liefert.
Im konkreten Fall ging es darum, ob eine Arbeitnehmerin die Kündigung tatsächlich erhalten hatte. Der Arbeitgeber erklärte, er habe das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 26. Juli 2022 außerordentlich und hilfsweise ordentlich zum 30. September 2022 beendet. Die Arbeitnehmerin bestritt jedoch den Zugang.
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Nach Angaben des Arbeitgebers legten zwei Angestellte das Kündigungsschreiben in einen Umschlag, brachten es persönlich zur Post und gaben es dort am 26. Juli 2022 um 15:35 Uhr als Einwurf-Einschreiben auf. Die Sendungsverfolgung bestätigte eine Zustellung am 28. Juli 2022. Der Arbeitgeber sah darin einen Anscheinsbeweis für den Zugang.
Arbeitgeber tragen die Beweislast für den Zugang
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) folgte dieser Argumentation nicht (Az. 2 AZR 68/24) und bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz: Das Arbeitsverhältnis sei weder fristlos noch ordentlich beendet worden, da der Arbeitgeber den Zugang der Kündigung nicht nachweisen konnte.
Nach ständiger Rechtsprechung des BAG gilt eine Kündigung als zugegangen, wenn sie auf üblichem Weg in die Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt, etwa durch Einwurf in den Briefkasten, sodass dieser sie unter normalen Umständen zur Kenntnis nehmen kann. Der Arbeitgeber trägt die Beweislast für den Zugang.
Das Gericht stellte klar, dass der Einlieferungsbeleg eines Einwurf-Einschreibens – mit Angaben zu Datum, Uhrzeit, Postfiliale und Sendungsnummer – sowie der online abrufbare Sendungsstatus keinen Anscheinsbeweis für den Zugang liefern.
Nachweis über den genauen Zustellvorgang fehlte
Ein solcher Beweis erfordert den Nachweis einer lückenlosen Kausalkette zwischen der Aufgabe des Schreibens und dessen tatsächlicher Zustellung. Die bloße Registrierung der Sendung im System der Deutschen Post belegt nicht, dass das Schreiben tatsächlich im Briefkasten der Empfängerin landete.
Besonders problematisch war, dass der Arbeitgeber keine Kopie des Auslieferungsbelegs vorlegte, obwohl diese 15 Monate lang bei der Deutschen Post abrufbar gewesen wäre. Ohne diesen Beleg fehlte der Nachweis über den genauen Zustellvorgang, einschließlich der Identität des zustellenden Postbediensteten und weiterer Details.
Das BAG betonte zudem, dass der Status „zugestellt“ in der Sendungsverfolgung nicht automatisch bedeutet, dass das Schreiben in den Besitz der Empfängerin gelangt ist. Da der Arbeitgeber den Auslieferungsbeleg nicht vorlegte, konnte er den Zugang der Kündigung nicht hinreichend belegen.
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