Hausbesuch vom Arbeitgeber: Wie weit darf Kontrolle gehen?

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Teslas Praxis in Grünheide, krankgemeldete Mitarbeitende durch Hausbesuche zu überprüfen, sorgte vor einiger Zeit für Aufsehen. Doch wie sieht die rechtliche Grundlage solcher Maßnahmen aus?

Hohe Ausfallzeiten beeinträchtigen die Effizienz eines Teams erheblich. Manche Arbeitgeber ergreifen daher Maßnahmen, um Missbrauch von Krankmeldungen vorzubeugen. Tesla etwa setzt angeblich auf Hausbesuche bei erkrankten Mitarbeitenden. Doch darf der Arbeitgeber wirklich unangekündigt an der Haustür erscheinen, um den Gesundheitszustand eines Mitarbeiters zu prüfen?

Hausbesuche unterliegen strengen Bedingungen, die vor allem datenschutzrechtliche Vorgaben berücksichtigen. Daher muss die Maßnahme „geeignet, erforderlich und verhältnismäßig“ sein – und einen konkreten Verdacht auf Missbrauch voraussetzen.

Erreichbarkeit während der Krankheit – ein strittiges Thema

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtOhne handfeste Hinweise auf Täuschung ist ein unangekündigter Besuch rechtlich kaum haltbar. Zudem können die Beschäftigten entscheiden, ob sie die Tür öffnen oder Auskünfte geben. Eine Verpflichtung dazu besteht nicht.

Ein weiteres Missverständnis betrifft die telefonische Erreichbarkeit während einer Krankmeldung. Grundsätzlich sind Mitarbeitende nicht verpflichtet, Anrufe des Arbeitgebers entgegenzunehmen oder während ihrer Erkrankung verfügbar zu sein. Eine Ausnahme bilden dringende dienstliche Angelegenheiten, die keinen Aufschub dulden. Ob dies zulässig ist, hängt von der Erkrankung und den betrieblichen Erfordernissen ab.

Handlungsoptionen bei Verdacht auf Missbrauch

Wie sollten Unternehmen reagieren, wenn sie den Verdacht haben, dass Mitarbeitende ihre Arbeitsunfähigkeit vortäuschen?

– Bei berechtigten Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit können Arbeitgeber die Lohnfortzahlung einstellen. Der Mitarbeitende muss dann plausibel darlegen, warum die Erkrankung die Arbeitsunfähigkeit verursacht hat.

– Arbeitgeber können die Krankenkasse bitten, die Arbeitsunfähigkeit durch den Medizinischen Dienst überprüfen zu lassen. Wenn Arzt und Medizinischer Dienst unterschiedlicher Meinung sind, kann der Arbeitgeber benachrichtigt werden. Insbesondere bei auffälligen Mustern – etwa häufigen Krankmeldungen an Montagen oder Freitagen – ist eine solche Überprüfung rechtlich zulässig.

Vorsicht bei Kontrollmaßnahmen

Hausbesuche oder andere Kontrollmaßnahmen sollten Arbeitgeber nur mit äußerster Vorsicht und in klar begründeten Ausnahmefällen erwägen. Unangemessene Eingriffe in die Privatsphäre können nicht nur rechtliche Konsequenzen haben, sondern auch das Vertrauen der Mitarbeitenden nachhaltig beschädigen.

Betriebe sollten bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit auf legale und verhältnismäßige Mittel setzen – und ihre Maßnahmen stets im Einklang mit geltenden arbeitsrechtlichen Vorgaben gestalten.

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Sabine Hockling

Die Chefredakteurin Sabine Hockling hat WIR SIND DER WANDEL ins Leben gerufen. Die Wirtschaftsjournalistin und SPIEGEL-Bestsellerautorin beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Veränderungen unserer Arbeitswelt. Als Autorin, Herausgeberin und Ghostwriterin veröffentlicht sie regelmäßig Sachbücher – seit 2023 in dem von ihr gegründeten DIE RATGEBER VERLAG.