Körperlicher Angriff auf Vorgesetzten rechtfertigt fristlose Kündigung

Eine geballte Faust

Wer seinen Vorgesetzten körperlich angreift, riskiert die sofortige Kündigung. Das LAG Niedersachsen entschied jüngst, dass in solchen Fällen keine Abmahnung nötig ist.

Der betroffene Mitarbeiter arbeitete seit 2019 im Bereich Be- und Entladung im Unternehmen, wo es ein Verbot gibt, private Handys während der Arbeitszeit zu nutzen. Im Oktober 2024 sah der Gruppenleiter den Mitarbeiter dennoch mit seinem Smartphone. Als er ihn darauf ansprach, reagierte der Beschäftigte aggressiv: Er rief „Hau ab“, stieß den Vorgesetzten an der Schulter und trat in seine Richtung, wobei es zu einer leichten Berührung kam. Danach nutzte er sein Handy weiter. Der Arbeitgeber hörte den Betriebsrat an und kündigte dem Mitarbeiter fristlos. Hilfsweise beendete er das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Januar 2025.

Kündigung rechtmäßig

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtDagegen wehrte sich der Mitarbeiter, scheiterte aber mit seiner Kündigungsschutzklage. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachen sah die Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB als erfüllt an (Az. 15 SLa 315/25).

Die Richter:innen stellten fest, dass der Kläger seinen Vorgesetzten tatsächlich gestoßen und nach ihm getreten hatte ­– ohne erkennbare Provokation. Videoaufnahmen belegten den Vorfall, auch bestritt der Mitarbeiter die Taten im Wesentlichen nicht. Einen nachvollziehbaren Grund, sich „Raum zu verschaffen“, erkannte das Gericht nicht.

Kein Fehlverhalten des Vorgesetzten

Das Gericht wies auch den Vorwurf zurück, der Gruppenleiter habe sich unangemessen verhalten. Er habe lediglich kontrolliert, ob der Mitarbeiter gegen die Betriebsregel verstoße. Das sei Teil seiner Aufsichtspflicht und nicht zu beanstanden.

Und obwohl Stoß und Tritt zu keinen Verletzungen führten, bewertete das Gericht den Angriff als schwerwiegende Pflichtverletzung. Körperliche Übergriffe – selbst in milder Form – gegen Vorgesetzte oder Kolleg:innen seien mit arbeitsvertraglichen Pflichten unvereinbar.


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Abmahnung überflüssig

Zudem hielt das Gericht eine Abmahnung wegen der Schwere des Vorfalls für entbehrlich. Der Mitarbeiter habe nicht nur respektlos gehandelt, sondern Gewalt angewendet und keinerlei Einsicht gezeigt. Besonders negativ fiel ins Gewicht, dass er sein Fehlverhalten nach dem Angriff fortsetzte, statt sich zu entschuldigen. Die fristlose Kündigung war daher rechtmäßig.


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Sabine Hockling

Die Chefredakteurin Sabine Hockling hat WIR SIND DER WANDEL ins Leben gerufen. Die Wirtschaftsjournalistin und SPIEGEL-Bestsellerautorin beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Veränderungen unserer Arbeitswelt. Als Autorin, Herausgeberin und Ghostwriterin veröffentlicht sie regelmäßig Sachbücher – seit 2023 in dem von ihr gegründeten DIE RATGEBER VERLAG.