Kommt das Recht auf Home-Office?

Mann sitzt mit Laptop auf dem Schoß auf Sofa

Seit Monaten arbeiten Millionen Beschäftigte teilweise oder sogar größtenteils im Home-Office. Doch noch lässt ein belastbarer Gesetzesentwurf auf sich warten.

Das Bundesarbeitsministerium hat zwar schon einen ersten Aufschlag gemacht und einen Entwurf für das sogenannte Mobile-Arbeit-Gesetz vorgelegt, doch dieser wurde vom Bundeskanzleramt ausdrücklich zurückgewiesen. Der Entwurf sei “ungeeignet”, um zwischen den Ministerien weiter beraten zu werden, hieß es. Arbeitsminister Hubertus Heil gibt sich aber, wie so oft, kämpferisch. Er will, dass ein Recht auf Telearbeit eingeführt wird. Der SPD-Politiker beruft sich dabei auf den Koalitionsvertrag. Doch dort heißt es nur relativ schwammig: “Wir wollen mobile Arbeit fördern und erleichtern. Dazu werden wir einen rechtlichen Rahmen schaffen.”

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtEin Recht auf Home-Office ist also eigentlich gar nicht vorgesehen – nur die Absichtserklärung, einen Rahmen für mehr Telearbeit zu schaffen. Einen echten gesetzlichen Anspruch will der Bundesarbeitsminister mit seinem Entwurf dagegen nun einführen. Allerdings nur, dort wo es auch möglich ist und wo es sich um regelmäßige und planbare wiederkehrende Tätigkeiten handelt, die prinzipiell von überall ausgeführt werden können.

In einer Mitteilung des Arbeitsministeriums heißt es dazu, Ziel ist eine Vereinbarung auf Augenhöhe zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie ein wirkungsvoller Arbeitsschutz und ein verbesserter Schutz durch die Unfallversicherung bei mobiler Arbeit. Das Ministerium beruft sich bei der Dringlichkeit des Regelungsbedarfs auch auf die Corona-Pandemie: Durch das Virus sei Home-Office-Arbeit in vielen Unternehmen ein wichtiger Baustein des Hygiene- und Arbeitsschutzkonzepts. Zugleich zeigt ein Gutachten im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums, dass viele Unternehmen wie auch Beschäftigte davon ausgehen, dass Telearbeit auch nach der Pandemie ein zentrales Element bleiben wird.

Auch DGB will gesetzlichen Rahmen für Home-Office

Ähnlich sehen es auch die Gewerkschaften. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der lange Zeit skeptisch dem Thema Home-Office-Arbeit gegenüberstand, setzt sich nun für eine gesetzliche Regelung ein. Immerhin wollen viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gerne mehr mobil arbeiten, viele tun es bereits – ohne dass es allgemeine gesetzliche Regeln dafür gibt. In Unternehmen ohne starke Gewerkschaften oder Betriebsräte sind dann aber die Beschäftigten auf sich selbst gestellt, eine Lösung mit dem Arbeitgeber zu erzielen. Und klar ist auch, dass dem DGB am liebsten ein solcher gesetzlicher Rahmen ist, der Spielräume zum Verhandeln für die Sozialpartner vorsieht.

Diverse Studien belegen: Geht es nach den Mitarbeitenden ist mobiles Arbeiten definitiv erwünscht. Auch nach Monaten im Corona-Home-Office. Viele schätzen bei der Arbeit zuhause, dass sie dort geeignete Bedingungen finden, um konzentriert arbeiten zu können. Zugleich betonen die Befragten den Vorteil, wenn Fahrtwege wegfallen. Dauerhaft ins Home-Office wollen aber die wenigsten. Vielmehr sind Hybridformen erwünscht.

Allerdings verlangen die meisten auch klare Regeln, um einer stärkeren Entgrenzung von Arbeit und Privatleben entgegenzuwirken. Der Gesetzentwurf zum mobilen Arbeiten sieht hier etwa vor, dass digital die Zeit erfasst werden soll. Fraglich ist aber, wie handhabbar das ist – immerhin wird in vielen Firmen immer noch Vertrauensarbeitszeit praktiziert.

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Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.