Ein Paketzusteller nahm Desinfektionsmittel aus seiner Firma mit – und wurde fristlos entlassen. Zu Recht, urteilte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf.
In der Pandemie gilt Infektionsschutz als oberstes Gebot – auch am Arbeitsplatz. Besonders in systemrelevanten Berufen wie bei Paketzusteller:innen, die täglich mit vielen Menschen in Kontakt kommen. Doch eine Kündigung sorgt nun für Diskussionen, die manche als ungerecht empfinden.
Ein langjähriger Mitarbeitender eines Paketzustellungsunternehmens wurde fristlos entalssen, weil er während der Pandemie Desinfektionsmittel gestohlen hatte. Er klagte gegen die Kündigung, scheiterte jedoch vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf. Am 14. Janaur 2021 erklärte das Gericht die Entlassung für rechtens. Der Diebstahl stelle einen “wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung” dar, so die Richter:innen. Die Kündigungsschutzklage des Mannes wurde abgewiesen, eine Revision nicht zugelassen (Az. 5 Sa 483/20).
Betriebsrat stimmt Kündigung zu
Was war geschehen? Der Arbeitgeber führte im März 2020 stichprobenartige Kontrollen durch, nachdem wiederholt Desinfektionsmittel aus den Waschräumen verschwunden war. Die Pandemie hatte damals ihren ersten Höhepunkt erreicht, Desinfektionsmittel war knapp, in vielen Betrieben fehlte es. Bei der Kontrolle entdeckte man im Kofferraum des Mitarbeitenden eine ungeöffnete Ein-Liter-Flasche Desinfektionsmittel. Für den Arbeitgeber war klar: Der Mann hatte die Flasche gestohlen.
Zeugen bestätigten den Diebstahl. Der Personalausschuss des Betriebsrats stimmte der fristlosen Kündigung bereits einen Tag nach der Kontrolle zu.
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Gericht zweifelt an der Darstellung des Mitarbeitenden
Der Paketzusteller hielt die Kündigung für ungerecht und klagte. Er räumte ein, das Desinfektionsmittel mitgenommen zu haben, erklärte jedoch, es für sich und seine Kolleg:innen nutzen zu wollen, um sich vor einer Corona-Infektion zu schützen. Während der Arbeit habe er sich stündlich die Hände desinfiziert und abgetrocknet. Beim Verlassen des Betriebs habe er die Flasche im Kofferraum schlicht vergessen.
Das Gericht glaubte ihm nicht. Die Richter:innen sahen es als erwiesen an, dass der Mann das Desinfektionsmittel absichtlich mitgenommen hatte – in dem Wissen, dass es in der Pandemie Mangelware war. Zudem handelte es sich um eine nicht unerhebliche Menge. Der Paketzusteller habe in Kauf genommen, dass seine Kolleg:innen kein Desinfektionsmittel mehr nutzen konnten. Das Vertrauensverhältnis sei dadurch unwiderruflich zerstört, die Kündigung wirksam.
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