Leiharbeit und Zeitarbeit kann mitunter über Jahre erlaubt sein

Mercedes-Stern auf Motorhaube

Wie lange ein Zeitarbeiter auf demselben Arbeitsplatz beschäftigt werden darf, hängt laut Europäischem Gerichtshof von Branchenbesonderheiten und nationalen Regelungen ab.

An einem Arbeitsplatz über Jahre eine Zeitarbeiterin oder einen Zeitarbeiter zu beschäftigen, kann unter Umständen rechtens sein, ohne dass ein Anspruch auf Übernahme des Mitarbeitenden besteht. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden. Das Gericht wies in seinem Urteil zwar darauf hin, dass es missbräuchlich sein könne, eine solche Mitarbeitende jahrelang auf demselben Arbeitsplatz einzusetzen. Es müssten aber auch sämtliche wichtige Umstände – insbesondere Besonderheiten der Branche sowie nationale Regelungen – berücksichtigt werden.

Missbrauch hängt stark vom Einzelfall ab

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtHintergrund ist ein Streit aus Deutschland um einen Mann, der 55 Monate als Leiharbeiter bei Mercedes tätig war. Vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg klagte er darauf, dass nach so langer Zeit ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei. Ein konkretes Urteil gibt es noch nicht. Das Berliner Gericht gab die Frage zunächst an den EuGH weiter, das nun mit seinem Urteil wichtige Hinweise gab.

Laut EuGH ist die Rede von einem missbräuchlichen Einsatz, wenn mehrere aufeinander folgende Überlassungen des Leiharbeiters bei demselben Unternehmen zu einer so langen Beschäftigungsdauer führen, dass sie länger sei als das im Kontext als vernünftig Anzusehende.

Mercedes sagte nach der Urteilverkündung, dass man die Entscheidung begrüße und die eigene Rechtsauffassung bestätigt sehe. Da der EuGH dem Landesarbeitsgericht aber gewisse Ermessensspielräume gegeben habe, bleibe die finale Entscheidung abzuwarten.

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Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.