Die fristlose Kündigung einer Verwaltungsmitarbeiterin nach dem Weiterleiten einer privaten E-Mail ihres Vorgesetzten ist rechtmäßig. Klingt übel, die Beweggründe jedoch waren moralisch gesehen nachvollziehbar.
Eine Beschäftigte war 23 Jahren in der Verwaltung einer evangelischen Kirchengemeinde tätig. Für ihre Arbeit nutzte sie den Dienstcomputer des Pastors. Als sie darauf eine E-Mail sieht, in welcher der Pastor auf Ermittlungen gegen ihn wegen des Verdachts sexueller Übergriffe auf eine im Kirchenasyl der Gemeinde lebende Frau hingewiesen wurde, handelt sie. Um die mutmaßlich Betroffene zu schützen sowie Beweise zu sichern, kopiert sie die Inhalte einer privaten E-Mail sowie den Chatverlauf zwischen dem Pastor und der Frau auf einem USB-Stick und leitet alles eine Woche später an eine ehrenamtliche Mitarbeiterin der Gemeinde weiter.
Das Vertrauensverhältnis ist unwiederbringlich zerstört
Als das bekannt wird, kündigt ihr die Kirchengemeinde fristlos, wogegen die Betroffene sich erfolgreich wehrt, denn ihre Klage vor dem Arbeitsgericht Aachen hat zunächst Erfolg. Das Landesarbeitsgericht Köln jedoch hob das Urteil jüngst auf (Az.: 4 Sa 290/21, Urteil vom 2.11.2021).
Die Begründung: Es kommt nicht auf die Beweggründe an. Mit der Weitergabe habe die Beschäftigte Persönlichkeitsrechte verletzt und gegen ihre Pflichten verstoßen. Das Vertrauensverhältnis, das für ihre Aufgaben notwendig ist, sei “unwiederbringlich zerstört” worden, so die Richter.
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