Vorstellungsgespräch: Was dürfen Bewerber verschweigen?

Drei Frauen im Gespräch

Arbeitgeber stellen in Vorstellungsgesprächen oft unbequeme Fragen. Doch nicht jede muss beantwortet.

Die Rechtsprechung schützt das Persönlichkeitsrecht der Bewerber:innen. Arbeitsgerichte unterscheiden daher zwischen zulässigen und unzulässigen Fragen: Zulässige Fragen erfordern eine wahrheitsgemäße Antwort. Wer hier lügt, riskiert, dass der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag später anfechtet. Bei unzulässigen Fragen dürfen Bewerber:innen die Wahrheit verschweigen.

Fragen zur Person und zum beruflichen Werdegang sind erlaubt, wenn ein berechtigtes Interesse besteht. Ob Arbeitgeber nach früheren Gehältern fragen dürfen, ist umstritten. Solche Angaben können Bewerber:innen jedoch helfen, ihre Gehaltsforderungen zu untermauern.

Fragen zu Schwangerschaft und Behinderung

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtDie Frage nach einer Schwangerschaft ist generell unzulässig. Laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) gilt dies selbst dann, wenn die Bewerberin nur befristet eingestellt werden soll und während eines Großteils der Vertragszeit nicht arbeiten könnte.

Nach einer Behinderung darf nur gefragt werden, wenn diese die Ausübung der Tätigkeit beeinträchtigen könnte. Ähnlich verhält es sich mit Fragen zu Krankheiten: Arbeitgeber dürfen nach ansteckenden Krankheiten fragen, die Kolleg:innen oder Dritte gefährden könnten. Eine HIV-Infektion ist jedoch tabu, sofern sie die Arbeitsleistung nicht beeinträchtigt.

Vorstrafen: Wann Fragen erlaubt sind

Auch die Frage nach Vorstrafen ist meist unzulässig. Eine Ausnahme besteht, wenn die Vorstrafe für die Tätigkeit relevant ist – etwa bei verkehrsrechtlichen Vergehen eines Kraftfahrers.

Nach einer früheren Stasi-Tätigkeit darf nur gefragt werden, wenn der oder die Bewerber:in im öffentlichen Dienst oder in sicherheitsrelevanten Bereichen arbeiten soll, etwa im Innenministerium. Tätigkeiten, die vor 1970 endeten, bleiben jedoch außen vor.

Führungspositionen: Mehr Fragen erlaubt

Bewerber:innen dürfen sich als „nicht vorbestraft“ bezeichnen, wenn das Bundeszentralregister keine Einträge mehr enthält. Fragen zu Vermögensverhältnissen sind bei leitenden Angestellten erlaubt, die eine Vertrauensstellung übernehmen sollen. Auch bei Berufen wie Kassierer:innen sind solche Fragen zulässig.

Die Mitgliedschaft in einer Sekte müssen Bewerber:innen für Führungspositionen offenlegen. Nach Religion oder Parteizugehörigkeit darf hingegen darf nicht gefragt werden – es sei denn, der Job erfordert dies, etwa bei kirchlichen Einrichtungen. In solchen Fällen ist eine wahrheitsgemäße Antwort Pflicht.

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Sabine Hockling

Die Chefredakteurin Sabine Hockling hat WIR SIND DER WANDEL ins Leben gerufen. Die Wirtschaftsjournalistin und SPIEGEL-Bestsellerautorin beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Veränderungen unserer Arbeitswelt. Als Autorin, Herausgeberin und Ghostwriterin veröffentlicht sie regelmäßig Sachbücher – seit 2023 in dem von ihr gegründeten DIE RATGEBER VERLAG.