“Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht”

Holzschild mit Schriftzug Hell

Schreibt ein Mitarbeiter einen Roman über seinen Büroalltag, kann er sich auf die Kunstfreiheit berufen. Pech für Arbeitgeber, die gerne mit Kündigung reagieren wollen.

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtEin Sachbearbeiter, der auch Mitglied des Betriebsrats ist, verfasst einen Roman über den Büroalltag. Der Titel: “Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht.” Als der Sachbearbeiter dann auch noch während seiner Arbeitszeit Kollegen den Roman zum Kauf anbietet, platzt der Arbeitgeberin der Kragen. Nachdem der Betriebsrat zuvor der Kündigung zustimmt, kündigt sie ihrem Sachbearbeiter fristlos.

Begründung der Arbeitgeberin: Der Roman enthält beleidigende, ausländerfeindliche sowie sexistische Äußerungen über Kollegen und Vorgesetzte. Zudem weist der Roman deutliche Parallelen zum Betrieb und den dort tätigen Personen auf, so dass die realen Kollegen und Vorgesetzte deutlich zu identifizieren sind. Außerdem stört dieses Buch den Betriebsfrieden erheblich, denn einige Mitarbeiter fühlen sich persönlich angegriffen. Eine Kollegin musste sich gar in ärztliche Behandlung begeben.

Das Verfassen einer Bürosatire ist kein Kündigungsgrund

Der Sacharbeiter akzeptiert die Kündigung jedoch nicht, zieht vor Gericht und bekommt sowohl vor dem Arbeitsgericht Herford (Az.: ArbG Herford 2 Ca 1394/10) als auch vor dem Landesarbeitsgericht Hamm (Az.: LAG Hamm 13 Sa 436/11) Recht.

Begründung der Richter des Landesarbeitsgerichts: Der Sachbearbeiter kann sich auf die Kunstfreiheit (gemäß Art. 5 Abs. 3 GG) berufen. Demnach handelt es sich um einen Roman mit fiktionaler Darstellung und nicht um tatsächliche Gegebenheiten.

Anders wäre es, wenn alle Eigenschaften der Romanfiguren den tatsächlichen Vorbildern entsprächen. Und das wurde im Roman des Sacharbeiters nicht festgestellt.

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von Sabine Hockling und Ulf Weigelt
Ullstein Verlag (1. Auflage, Juni 2017)
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ISBN 978-3-548-37694-3

 


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Sabine Hockling

Die Chefredakteurin Sabine Hockling hat WIR SIND DER WANDEL ins Leben gerufen. Die Wirtschaftsjournalistin und SPIEGEL-Bestsellerautorin beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Veränderungen unserer Arbeitswelt. Als Autorin, Herausgeberin und Ghostwriterin veröffentlicht sie regelmäßig Sachbücher – seit 2023 in dem von ihr gegründeten DIE RATGEBER VERLAG.