Eine aktuelle Studie prognostiziert: Generative KI wird Einstiegsjobs revolutionieren und Führungskräfte zu strategischerem Denken anregen.
Generative KI (Gen AI) könnte Einstiegsjobs positiv beeinflussen, zeigt die neue Studie des Capgemini Research Institute „Gen AI at work: Shaping the future of organizations“. Langfristig könnte Gen AI neue Rollen schaffen, Organisationsstrukturen verändern und Führungsrollen spezialisieren. Gen AI kann Teams voranbringen, die Mensch-KI-Kooperation verbessern. Der Einsatz der Technologie ist jedoch noch gering und steht am Anfang. Die Studie stellt fest, dass den meisten Angestellten die Ausbildung fehlt, um KI-Fähigkeiten zu entwickeln.
Die Mehrheit der Führungskräfte weltweit glaubt, dass Berufseinsteiger eigenverantwortlicher arbeiten werden. In den nächsten drei Jahren könnte sich das Aufgabenprofil von Einstiegsjobs dem mittlerer Positionen annähern. Der Anteil mittlerer Führungspositionen könnte weltweit von 44 Prozent auf 53 Prozent steigen (Deutschland: 38 Prozent auf 52 Prozent). Nur 18 Prozent der Führungskräfte erwarten, dass Gen AI den Anteil mittlerer Führungspositionen reduziert.
„Generative KI entwickelt sich weiter zu einem proaktiven Werkzeug, das nicht nur unterstützt, sondern strategisch mitdenkt“
Mitarbeitende erwarten, dass Gen AI-Tools in den nächsten 12 Monaten eine durchschnittliche Zeitersparnis von 18 Prozent für Berufsanfänger bringen, was die Produktivität steigern könnte. Allerdings müssten auch die Kosten für Gen AI-Tools berücksichtigt werden. 81 Prozent der Befragten aus oberen und mittleren Positionen erwarten neue Rollen auf der Einstiegsebene, wie Datenkurator:innen, KI-Ethikspezialist:innen und Algorithmus-Trainer:innen.
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„Gen AI-Tools verbessern sich kontinuierlich in der Bewältigung komplexer Managementaufgaben, was tiefgreifende Veränderungen in Organisationsstrukturen und Arbeitsmethoden nach sich zieht“, erläutert Christina Bösenberg, Leiterin Workforce & Organization bei Capgemini Invent in DACH. „Generative KI entwickelt sich weiter zu einem proaktiven Werkzeug, das nicht nur unterstützt, sondern strategisch mitdenkt, innovative Perspektiven bietet und bestehende Annahmen kritisch hinterfragt. Solch ein Wandel erzeugt signifikanten Mehrwert, insbesondere wenn er auf spezifische Geschäftsanwendungen abgestimmt ist. Der Erfolg von Unternehmen in diesem Bereich ist jedoch abhängig von der Fähigkeit, ihre Mitarbeitenden adäquat vorzubereiten, in den Aufbau relevanter Kompetenzen zu investieren und proaktive Maßnahmen in der Talentakquise sowie -entwicklung zu ergreifen.“
Lücke zwischen Potenzial und tatsächlicher Nutzung
Der Studie nach verändert Gen AI die Sicht auf obere und mittlere Führungsrollen. Beide werden strategischer und konzentrieren sich stärker auf Entscheidungsfindung und Innovationen. Viele Führungskräfte glauben, dass Gen-AI-Tools zunehmend aktiv mitdenken könnten. 65 Prozent weltweit sehen in Gen AI hohes Potenzial für die Lösung komplexer strategischer Aufgaben, und mehr als die Hälfte glaubt, dass mittlere Ebenen entscheidende Katalysatoren für Gen-AI-getriebene Veränderungen sein werden.
Die Technologie könnte Führungskräften aller Ebenen bis zu sieben Stunden pro Woche sparen, und fast acht von zehn Führungskräften erwarten, dass Gen AI in den nächsten 12 Monaten ihre Produktivität steigert. Dies wäre vor allem durch die Automatisierung von Verwaltungsaufgaben möglich. Mehr als die Hälfte der Führungskräfte glaubt, dass sich mittlere Führungsrollen in den nächsten drei Jahren spezialisieren werden. In Unternehmen, die bei der Implementierung von Gen AI vorangehen, zeigt sich ein Trend: 57 Prozent der oberen Führungskräfte sehen bereits, dass ihre Rolle strategischer wird.
Notwendige Veränderungen der Organisationsstrukturen
Obwohl Gen AI auf allen Führungsebenen Mehrwert verspricht, wird die Technologie noch wenig genutzt. Zwar experimentieren 97 Prozent des oberen und mittleren Managements mit Gen-AI-Tools, aber nur 15 Prozent nutzen sie täglich bei der Arbeit.
46 Prozent der Teams weltweit setzen KI ergänzend zur Verbesserung bestehender Aufgaben ein, wobei der Einsatz zunimmt. Ein Drittel der Teams nutzt KI bereits als „Teammitglied“, um Arbeitsweisen zu optimieren oder Aufgaben ohne menschliches Zutun zu erledigen. Als „Supervisor“ wird KI derzeit kaum eingesetzt. 13 Prozent der Teams international (in Deutschland: 16 Prozent) erwarten jedoch, dass sie in den nächsten 12 Monaten KI in dieser Rolle nutzen werden. Alle Ebenen – von Berufseinsteigern bis zur höchsten Managementebene – sind sich einig: Wo KI „Supervisor“-Aufgaben übernimmt, wird menschliches Urteilsvermögen immer wichtiger.
Fortbildungen und Anleitung durch Führungskräfte erforderlich
Trotz des großen Potenzials der Technologie ist die Akzeptanz in Unternehmen gering. Zwar nutzen fast zwei Drittel (64 Prozent) der Beschäftigen KI-Tools, aber nur 20 Prozent nutzen sie regelmäßig, das heißt täglich.
Den Mitarbeitenden fehlen Schlüsselqualifikationen: Nur 16 Prozent erhalten Unterstützung, um KI-Fähigkeiten zu entwickeln. Nur 13 Prozent beherrschen die Interaktion mit entsprechenden Tools gut; nur ein Drittel kann mit systemischen Risiken von Gen-AI-Tools umgehen; und weniger als die Hälfte beherrscht Prompt Engineering. Es gilt, Fähigkeiten zu entwickeln, Regeln und Verantwortungsbereiche für die Zusammenarbeit zwischen Menschen und KI zu definieren, Verantwortlichkeiten zu klären, wenn KI-Systeme Fehler machen, und Arbeitsabläufe an die Arbeit mit KI anzupassen.
Methodik:
Das Capgemini Research Institute führte im Mai 2024 eine globale Umfrage unter Führungskräften in 15 Ländern und elf Schlüsselindustrien durch. 1.500 Personen aus 500 Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als einer Milliarde US-Dollar wurden befragt. Jedes Unternehmen wird durch drei Führungskräfte repräsentiert: eine der obersten Führungsebene, eine auf mittlerer und eine auf Ebene des „Frontline-Managements“. Die Befragten konnten verschiedene Funktionen oder Standorten angehören.
Die Studie basiert auch auf einer Umfrage unter Berufsanfängern, um deren Perspektiven auf die Einführung von Gen AI zu erschließen. Diese Umfrage richtete sich an 1.000 Mitarbeitende der Einstiegsebene aus denselben 500 Unternehmen. Jedes Unternehmen ist durch fünf Befragte vertreten – drei in Führungspositionen und zwei Berufseinsteiger. Zusätzlich stützt sich die Studie auf 15 Tiefeninterviews mit unabhängigen Expert:innen aus verschiedenen Branchen, um die Ergebnisse zu validieren. Die Studienergebnisse spiegeln die Ansichten der Befragten wider und dienen als Orientierungshilfe.