Das Entgelttransparenzgesetz, das seit Anfang 2018 gilt und vor allem Frauen ein Auskunftsanspruch geben sollte, um mögliche Diskriminierungen bei der Bezahlung aufzudecken, ist weitgehend wirkungslos.
Zwar nutzten zwischen 2019 und 2021 eine steigende Zahl Beschäftigter das Gesetz, um zu erfahren, wo sie innerhalb der Gehaltsstruktur stehen. Doch Lohndiskriminierung oder gar der Gender Pay Gap werden damit nicht verhindert. Zu diesem vernichtenden Urteil kommt eine Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI), die analysiert hat, wie das Gesetz wirkt.
Nach wie vor ist die Mehrheit der Unternehmen, in denen die Mitarbeitenden überhaupt das Gesetz nutzen können (es gilt nur für Firmen mit mehr als 200 Beschäftigten), nicht mit der Herausforderung konfrontiert, Mitarbeitenden überhaupt die nötigen Informationen zu geben, denn das Gesetz wird schlicht kaum genutzt. 17 Prozent der Unternehmen machten 2018, als das Gesetz in Kraft trat, davon Gebrauch, 2021 waren es 26 Prozent. Im Öffentlichen Dienst sind es hingegen nur zehn Prozent. Generell ist die Nutzung je nach Branche sehr unterschiedlich.
Ursprünglich sollte das Gesetz den Gender Pay Gap verhindern
Die meisten Anfragen verzeichnet der Bereich Information und Kommunikation mit 39 Prozent der Betriebe, gefolgt vom Baugewerbe mit 34 Prozent und dem Bereich Verkehr, Lagerei und Gastgewerbe sowie dem Handel mit 29 Prozent. Interessant ist zudem, dass Hochqualifizierte öfter ihren Auskunftsanspruch nutzen als Menschen mit geringerer formaler Bildung. Außerdem steigert der Anteil jüngerer Beschäftigter die Wahrscheinlichkeit von Anfragen, so die Studie weiter.
Durch das Entgelttransparenzgesetz haben Beschäftigte einen Anspruch auf Auskunft über das mittlere Einkommen (Median) der vergleichbar beschäftigten Kolleginnen und Kollegen des anderen Geschlechts. Das Gesetz gilt in Betrieben ab einer Größe von 200 Beschäftigten und nur dann, wenn es mindestens sechs Vergleichsbeschäftigte des anderen Geschlechts gibt. Ursprünglich sollte das Gesetz einmal dafür sorgen, den Gender Pay Gap zu verhindern.
Neue Vorgaben aus der EU
Dieses Ziel wird der Studie zufolge aber weitgehend verfehlt. Um eine tatsächlich Transparenz über die Gehälter herzustellen, müssten “strengere Auflagen, spürbare Sanktionen sowie niedrigere Hürden bei der Wahrnehmung des Transparenzanspruchs” eingeführt werden. Für die Untersuchung wurden gut 3.900 Betriebs- und Personalräte befragt. Die Auswahl ist demnach repräsentativ für Betriebe mit Betriebsrat und mindestens 20 Beschäftigten. Die Ergebnisse von 2021 wurden dann mit denen aus der Befragung 2018 verglichen. Damals wurden Betriebs-, aber keine Personalräte befragt.
Unterdessen versucht die Bundesfamiienministerin Lisa Paus (Grüne) Verbesserungen bei der Lohntransparenz zu erreichen – und wirft der FDP eine Blockadehaltung bei strengeren Regeln dazu vor. Und auch auf europäischer Ebene tut sich etwas: Die EU-Kommission hatte Regeln für eine bessere Lohntransparenz auf den Weg gebracht. Auch Deutschland muss in den nächsten drei Jahren das Lohntransparenzgesetz nachbessern. Künftig sollen nach der EU-Richtlinie bereits Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden zur Entgelttransparenz verpflichtet sein. Und besteht ein Lohnunterschied von mehr als fünf Prozent, müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretung eine gemeinsame Entgeltbewertung vornehmen. Familienministerin Lisa Paus will die EU-Richtlinie noch in dieser Legislaturperiode “eins zu eins” umsetzen, kündigte die grüne Ministerin an. Die FDP ist davon nicht begeistert.