Stadtleben: Kultur und Freizeit begeistern, Verkehr und Wohnen enttäuschen – eine neue Umfrage zeigt, was Berufstätige an deutschen Großstädten schätzen und was sie frustriert.
Laut einer Umfrage fühlen sich 89 Prozent der Stadtbewohner:innen wohl. Besonders zufrieden sind die Menschen in München, Nürnberg und Leipzig (jeweils 93 Prozent). Berlin und Essen bilden das Schlusslicht, erreichen aber immer noch rund 80 Prozent. Die PwC-Umfrage „So attraktiv sind Deutschlands Großstädte für Arbeitnehmer“ befragte 4.000 Berufstätige zwischen 18 und 65 Jahren aus zwölf deutschen Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohner:innen (Berlin, Bremen, Düsseldorf, Essen, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, Nürnberg, Stuttgart und München).
Kultur und Freizeit punkten, Verkehr und Wohnen enttäuschen
Die Befragten loben das breite Angebot an Kultur- und Freizeitmöglichkeiten, die Jobsituation und den Zugang zu Bildung. Auch schnelles Internet sowie Parks und Grünflächen kommen gut an. Doch es gibt Kritik: Nur ein Drittel ist mit der Kinderbetreuung zufrieden. Rund 40 Prozent bemängeln die digitale Verwaltung, den Zugang zu Ärzt:innen und den Umwelt- und Klimaschutz. Besonders schlecht schneiden Verkehr und Wohnungsmarkt ab: 68 Prozent klagen über die Verkehrsbelastung, zwei Drittel über hohe Mieten, teures Wohneigentum und fehlende Mietwohnungen.
„In Sachen Infrastruktur und Wohnen hat sich in den vergangenen Jahren zu wenig getan: Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung fehlen mehr als 400.000 Kitaplätze, bei der Digitalisierung der Verwaltung geht es nur langsam voran und die Lage auf dem Wohnungsmarkt hat sich eher zugespitzt als entspannt. Ich hoffe sehr, dass es der neuen Bundesregierung gelingt, mithilfe des milliardenschweren Infrastrukturpaketes nachzubessern“, sagt Prof. Dr. Bernd Roese, Mitglied des Leitungsteams Familienunternehmen und Mittelstand bei PwC Deutschland.
München dominiert, Leipzig überrascht
Die Lebensqualität variiert stark zwischen den Städten. München führt in sieben von zehn Kategorien, darunter Kultur, Arbeit, Bildung, Gesundheit, Sicherheit und Umwelt. Leipzig überzeugt in den Bereichen Mobilität, Work-Life-Balance und Wohnen. Insgesamt landet Leipzig in neun von zehn Kategorien unter den Top drei und überholt München im Gesamtranking. Berlin bildet das Schlusslicht.
„Anders als in vielen ostdeutschen Regionen wächst die Stadt Leipzig. Junge Menschen zieht es hierher, weil sie die Mischung aus vergleichsweisen günstigen Mieten, verfügbarer Kinderbetreuung, kulturellen Angeboten und beruflichen Chancen schätzen. Denn auch wirtschaftlich hat die Region viel zu bieten: Bei Gründer:innen ist ‚Hypezig‘ beliebt und hat sich als aufstrebende Startup-Metropole etabliert“, erklärt Carl Erik Daum, Standortleiter von PwC Leipzig.
- Wohnungsnot in Großstädten belastet Arbeitsmarkt
- Mieten enteilen den Gehältern
- Nachhaltiges Mobilitätsmanagement: Erfolgsfaktor für Unternehmen
Gegen die Verödung der Innenstädte
Immer mehr Geschäfte und Cafés schließen, Leerstände prägen das Stadtbild. 46 Prozent der Befragten fordern günstigere Ladenmieten für kleine Anbieter. Drei von zehn wünschen sich mehr Parkplätze und die Umwandlung von Büros in Wohnraum. Wochen- und Erlebnismärkte sollen die Innenstädte beleben.
„Die Menschen haben genug von den immer gleichen Angeboten: Statt austauschbarer Restaurant- und Ladenketten wollen sie lieber kleine, neuartige, unabhängige Geschäfte, Cafés und Bistros. Hier sind neben der lokalen Wirtschaft auch die Stadtverwaltungen gefragt, mit attraktiven Rahmenbedingungen solche Angebote anzuziehen und zu halten“, sagt Roese.
Mehr Grün gegen die Hitze
Der Klimawandel trifft die Städte besonders hart. 44 Prozent der Befragten plädierten für mehr Bäume, 40 Prozent für begrünte Dächer und Fassaden, 38 Prozent für die Umwandlung versiegelter Flächen in Grünflächen. In Hamburg wünschen sich viele, Regenwasser zur Bewässerung zu nutzen.
Die Wissenschaft bestätigt die Dringlichkeit: In Städten ist es oft bis zu 10 Grad wärmer als auf dem Land. Beton, Glas und Metall speichern Wärme, versiegelte Flächen verhindern Verdunstung. Laut Deutschem Wetterdienst könnte sich die Zahl der Hitzetage in München bis 2050 verdoppeln.
„Auch wenn die Bewohner:innen unterschiedliche Maßnahmen befürworten, so scheint den meisten klar zu sein: Es besteht Handlungsbedarf, um die Städte auf die Klimaerwärmung vorzubereiten“, fordert Roese. „Das haben die heißen und trockenen Sommer der vergangenen Jahre klar gemacht. Städte müssen mutig vorangehen und sich auch für weniger populäre Maßnahmen einsetzen, etwa die Verteuerung von Innenstadtparkplätzen und Anwohnerparkkarten oder die Einführung grüner Bauvorschriften.“