Gefährlicher Flurfunk?

Frau hält Papier mit bösem Emoji vor Gesicht

In vielen Unternehmen gibt es den inoffiziellen Informationskanal “Flurfunk”. Den meisten Chefs ist diese Mund-zu-Mund-Propaganda allerdings ein Dorn im Auge.

In vielen Unternehmen gibt es den inoffiziellen Informationskanal “Flurfunk”, über den die Belegschaft Infos erhält, die eigentlich gar nicht für sie bestimmt sind. Den meisten Arbeitgeber ist diese Mund-zu-Mund-Propaganda daher ein Dorn im Auge. Denn Mitarbeiter können in Windeseile Dinge verbreiten – die stimmen oder eben auch nicht.

Am stärksten floriert der Flurfunk, wenn Geschäftsführungen (wichtige) Informationen nur spärlich an ihre Belegschaft geben. Dann halten sich Mitarbeiter nämlich selbst schnell, regelmäßig und zuverlässig per Flurfunk auf dem Laufenden.

Flurfunk ist ein wichtiger Produktivitätsfaktor

Und während Arbeitgeber gern behaupten, dass der Klatsch am Arbeitsplatz zur Unproduktivität der Mitarbeiter führt und Arbeitszeit verloren geht, zeigen diverse Studien genau das Gegenteil. Dieser Austausch der Mitarbeiter untereinander ist ein wichtiger Produktivitätsfaktor, denn er schweißt das Team zusammen und stärkt den Mannschaftsgeist. Auch hilft er den Mitarbeitern, Dampf abzulassen und so Stress abzubauen.

Alle Beteiligten sollten jedoch gewisse Regeln einhalten. So sollten unkollegiale Lästereien, Verleumdungen, üble Nachrede sowie Mobbing dringend unterlassen werden. Und auch wenn es keine gesetzlichen Regelungen gibt, die festlegen, ab wann der Tratsch arbeitsrechtliche Konsequenzen hat, sollten Tratschtanten* vorsichtig sein. Probleme drohen nämlich, wenn Gerüchte den Betriebsfrieden stören oder gar vertrauliche Informationen weitergegeben werden. Letzteres fällt unter die Geheimhaltungspflicht, die jeder Arbeitnehmer als Klausel in seinem Arbeitsvertrag hat.

Tratschtanten für sich nutzen

Aber auch der Tratsch über Kollegen, um sie zu diskreditieren, kann Folgen haben. Nämlich dann, wenn diese üble Nachrede den Betriebsfrieden stört. In einem solchen Fall kann der Tratschtante eine Abmahnung und im Wiederholungsfall gar die Kündigung drohen. Werden Vorgesetzte durch den Flurfunk so herabgewürdigt, dass ihre Autorität verloren geht, droht gar die fristlose Kündigung. Denn dann ist der Betriebsfrieden erheblich gestört.

Stellt ein Arbeitgeber es geschickt an, kann er die Tratschtanten für sich nutzen, indem er genau die Informationen verbreiten lässt, die er gern in der Belegschaft zum Thema machen möchte. Auch können mit der vernünftigen Informationspolitik falsche Gerüchte aufgeklärt werden.


*Auch wenn es Tratschtanten heißt, die Lust am Tratschen verspüren keineswegs nur Frauen!

Sabine Hockling

Die Chefredakteurin Sabine Hockling hat WIR SIND DER WANDEL ins Leben gerufen. Die Wirtschaftsjournalistin und SPIEGEL-Bestsellerautorin beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Veränderungen unserer Arbeitswelt. Als Autorin, Herausgeberin und Ghostwriterin veröffentlicht sie regelmäßig Sachbücher – seit 2023 in dem von ihr gegründeten DIE RATGEBER VERLAG.