Trotz des anhaltenden Fachkräftemangels und der potenziellen Wohlstandsverluste arbeiten Beschäftigte so wenig wie nie. Entgegen der scheinbar positiven Nachricht äußert das Institut der deutschen Wirtschaft Köln Bedenken.
In Deutschland sind die Arbeitszeiten auf dem niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung. Laut des Statistischen Bundesamtes arbeiteten 2022 nur 8,3 Prozent der rund 30 Millionen Vollzeiterwerbstätigen mehr als 48 Stunden pro Woche. Dies entspricht einem Rückgang im Vergleich zu 2021, als die Quote noch 8,9 Prozent betrug. Im Durchschnitt arbeiteten Vollzeiterwerbstätige 40,4 Stunden pro Woche. Dieses Maß gilt als überlange Arbeitszeit.
Trotz der scheinbar positiven Nachricht hat das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Bedenken geäußert. IW-Arbeitsmarktökonom Holger Schäfer kommentierte, dass die Deutschen “noch nie so wenig gearbeitet” hätten wie jetzt. Er betonte, dass, obwohl individuelle Wünsche nach einer besseren Work-Life-Balance verständlich seien, die allgemeine Abnahme der Arbeitszeit die deutsche Wirtschaft und insbesondere den anhaltenden Fachkräftemangel negativ beeinflusst.
Veränderungen vor allem bei Selbständigen
Das IW führten den Rückgang der überlangen Arbeitszeiten auf Veränderungen bei den Selbstständigen zurück. Obwohl mehr als ein Drittel (38,6 Prozent) von ihnen im vergangenen Jahr lange Arbeitszeiten hatten, war dies der niedrigste Anteil seit 1991. Unter den Selbstständigen mit Beschäftigten arbeitete fast die Hälfte (48,2 Prozent) übermäßig lange.
Darüber hinaus hat eine kleine Anzahl (5,7 Prozent) der rund 12,5 Millionen Teilzeiterwerbstätigen ihre reduzierten Arbeitszeiten als Notlösung angesehen. Sie konnten keine Vollzeitstelle finden. Dieser Anteil ging im Vergleich zu 2021 (6,7 Prozent) leicht zurück und hat sich im Vergleich zu 2012 (15,4 Prozent) mehr als halbiert.