Brauchen wir eine Mütterquote?

Frau schaut vor Hauswand hervor

Schon über die Frauenquote wird heftig gestritten. Jetzt steht eine neue Frage im Raum: Sollte man eine Mütterquote in Politik und Wirtschaft einführen? Würde so eine Quote wirklich eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und sogar Führungsposition erreichen?

Anhänger der Quote glauben, eine Mütterquote würde zumindest dazu beitragen, die Frauenerwerbsquote zu erhöhen. Schließlich arbeiten die meisten Mütter hierzulande Teilzeit, zeigt die Statistik. Zahlreiche Befragungen zeigen: Die Reduzierung der Arbeitszeit ist für die meisten Mütter wichtig, um überhaupt Kinderbetreuung und Job miteinander in Einklang zu bringen. Allerdings würden viele sogar gerne etwas aufstocken, denn der klassische Halbtagsjob und die typische 50-Prozent-Stelle werfen vom Gehalt viel zu wenig ab. Die meisten Mütter – insbesondere in den alten Bundesländern – sind die klassischen Hinzuverdienerinnen.

Motherhood Penalty nennen amerikanische Soziologen die statistischen Einkommensverluste, die mit jedem Kind verbunden sind. In Deutschland büßen Mütter 16 bis 18 Prozent Gehalt pro Kind ein. Das ist natürlich mit Auszeit und Teilzeit zu erklären, aber auch damit, dass in Teilzeit arbeitenden Mütter insbesondere in der freien Wirtschaft seltener Gelegenheit haben, ihr Gehalt nachzuverhandeln. Wer für das zweite oder sogar dritte Kind im Job aussetzt, hat wenig Spielraum, beim Wiedereinstieg nach Gehaltserhöhungen zu fragen. Nach wie vor sind außerdem die allermeisten Alleinerziehenden Frauen. Ihr Armutsrisiko ist fünfmal höher wie das von Eltern, die sich die Kindererziehung teilen. Kein Wunder also, dass Altersarmut hierzulande vor allem weiblich ist.

Doch würde diesen Frauen eine Quote für Vollzeitjobs und sogar Führungspositionen helfen?

Wohl kaum. Zum einen erfordern Führungspositionen Zeit. Zum anderen ist fraglich, wie bitte eine Stellenbesetzung mit Mütterquote aussehen soll? Birgt schon eine Geschlechterquote reichlich Konfliktpotential, würde eine Elternquote noch mehr Ungerechtigkeit hervorbringen. Zählt da die Anzahl der Kinder? Und was ist mit der Qualifikation? Und wie bitte verhält es sich dann mit den Vätern? Sicher ist es gut, wenn Führungskräfte auch Eltern sind. Sie haben in der Regel mehr Verständnis für Mitarbeiter mit Familie. Es ist sicherlich auch sinnvoll, mehr Mütter dazu zu ermutigen, sofern sie es wollen, auch Führungspositionen anzustreben und ihre Karriere nicht abzuschreiben.

Viel wichtiger als irgendwelche Quoten sind aber flexible Arbeitszeitmodelle, die sowohl Müttern als auch Vätern ermöglichen, Zeit für die Familie zu haben – aber ihnen auch noch genügend Raum für Verwirklichung im Beruf lassen und vor allem genügend Einkommen, das reicht, um eine Familie zu ernähren.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.