Frauen fühlen sich ungerecht bezahlt

Frau schaut vor Wand hervor

Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass sich die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen in Deutschland nicht gerecht entlohnt fühlt sowie wenig Hoffnung auf eine zeitnahe Änderung hat.

Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Jobbörse Indeed empfinden 57 Prozent der befragten Frauen ihre Bezahlung als unzureichend. Diese Einschätzung liegt nahe am internationalen Durchschnitt, denn unter den Teilnehmerinnen aus elf verschiedenen Ländern waren 56 Prozent mit ihrer Bezahlung unzufrieden.

Der “Work needs Women Report” zeigt, dass jede zweite Frau in Deutschland pessimistisch in Bezug auf eine geschlechtergerechte Zukunft blickt. Für 53 Prozent der Befragten erscheint eine gleichberechtigte Bezahlung von Männern und Frauen erst in 50 Jahren als realistisch. Für diesen Bereicht wurden über 14.000 arbeitende Frauen in elf Ländern, darunter Deutschland, die USA, Frankreich, Indien und Japan, befragt.

Irrtümer und Mythen rund ums Arbeitsrecht

Frauen in Deutschland fordern selten eine Gehaltserhöhung

Laut dem Statistischen Bundesamt betrug der Gender Pay Gap im Jahr 2023 in Deutschland unbereinigt 18 Prozent pro Stunde. Dennoch haben 45 Prozent der befragten Frauen noch nie eine Lohnsteigerung gefordert. 29 Prozent gaben an, dass sie sich schlicht und einfach nicht trauen, eine Gehaltserhöhung zu verlangen. Auch bei der Bitte um Beförderung fühlen sich nur 23 Prozent in Deutschland wohl.

Interessanterweise nehmen jüngere Generationen wie die Gen Z und die jüngeren Millennials (25-34 Jahre) den Gender Pay Gap stärker wahr. Laut der Umfrage betrachten fast die Hälfte dieser Altersgruppen (49 Prozent) die Bezahlung als ungleich. “Wir beobachten eine Generation junger Frauen, die mit dem Bewusstsein einer geschlechterungerechten Bezahlung aufgewachsen ist”, so Ute Neher, Arbeitsmarktexpertin bei Indeed.

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Transparenz bei Gehältern gefordert

Um den Gender Pay Gap zu schließen, sind sowohl strukturelle Veränderungen in Unternehmen und Politik als auch das Engagement jeder einzelnen Frau erforderlich. So betont Ute Neher: “Wir brauchen mehr Transparenz bei Gehältern und eine konsequente Umsetzung von Gesetzen zur Entgeltgleichheit.”

Laut dem Report denken fast die Hälfte der Frauen in Deutschland (49 Prozent), dass Männer bessere Karrierechancen haben. Als größte Hindernisse für die Karriere werden dabei die Kinderbetreuung und die Pflege von Angehörigen (47 Prozent) sowie Sexismus und Vorurteile (40 Prozent) genannt. Darüber hinaus gab etwa jede vierte Frau (24 Prozent) an, schon einmal am Arbeitsplatz belästigt worden zu sein. Psychische Belastungen stellen ebenfalls ein Hindernis für Frauen in der Arbeitswelt dar. Fast die Hälfte der befragten Arbeitnehmerinnen in Deutschland (46 Prozent) war oder ist psychisch belastet. Dennoch fühlen sich 54 Prozent unwohl dabei, ihren Vorgesetzten davon zu berichten. Im internationalen Vergleich sind es 43 Prozent.

Die Ergebnisse dieser Umfrage unterstreichen die anhaltenden Herausforderungen in Bezug auf Geschlechtergerechtigkeit und die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit am Arbeitsplatz.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.