Hand aufs Herz – fühlen Sie sich fit für die digitale Arbeitswelt? Fit für virtuelle selbstorganisierende Teams und neue Führung? Fit für die Zusammenarbeit mit Menschen und digitalen Systemen über das Internet, für Bots, künstliche Intelligenz und Roboter?
Wie blitzartig die Arbeitswelt von morgen heute schon anbricht, spüren wir gerade. Die Corona-Krise weckt uns wie ein Paukenschlag. Wo immer möglich, schicken Firmen ihre Beschäftigte ins Home-Office. Nicht nur digitale Start-ups, sondern auch traditionelle Konzerne, für die das gestern noch undenkbar erschien. Meetings werden abgesagt oder ins Internet verlagert. Unternehmen und Bildungseinrichtungen entdecken schockiert: Genau jetzt brauchen wir virtuelle Teamarbeit und mehr E-Learning, doch wir haben nur ein Pilotprojekt. Bestenfalls.
Wie fit fühlen Sie sich für die Arbeitswelt von heute und morgen? Falls Sie jetzt zweifelnd den Kopf wiegen, sind Sie nicht allein. Jeder zweite Beschäftigte in Deutschland meint, mehr tun zu müssen, um digitale Technologien besser zu beherrschen. Übrigens zieht sich das quer durch alle Altersgruppen. Geht es dabei nur um digitale Technologien? Nein!
Mit dem Kompetenzrad, das vier Kompetenzfelder für die neue Arbeitswelt bündelt, meistern wir die neue Arbeitswelt souverän. Wie aber schaffen wir das? Auf Berufsausbildung und Studium wie auch auf Berufserfahrung können wir uns nicht mehr ausruhen. Denn auf die Arbeitswelt kommen drastische Veränderungen zu. Zahlreiche Tätigkeiten werden schon heute besser von Digitaltechnik erledigt als von Menschen. Wer weiß, ob es unser Jobprofil oder unsere Abteilung in zwei Jahren noch gibt? Deshalb: „Kontinuierliches Lernen“ mausert sich gerade von der Worthülse zur Überlebensstrategie in der neuen Arbeitswelt.
Wer ist für Ihre Weiterbildung verantwortlich?
Doch wo liegt die Verantwortung für Ihre eigene Weiterbildung – und für die Ihrer Mitarbeiter? Welcher Aussage stimmen Sie stärker zu?
a) Für meine Weiterbildung ist vor allem mein Unternehmen verantwortlich.
b) Für meine Weiterbildung bin vor allem ich selbst verantwortlich.
Idealerweise sollten Führungskräfte und HR-Verantwortliche den Beschäftigten sagen können, welche Fähigkeiten am entsprechenden Arbeitsplatz demnächst gebraucht werden. Und dann die entsprechenden Ressourcen für die Weiterbildung bereitstellen: Lernangebote, Budget, Lernzeit.
Doch viele kleine und mittlere Unternehmen fühlen sich damit überfordert, weil sie noch nicht einmal eine Digitalisierungsstrategie haben. Dagegen konzentrieren große Unternehmen ihre Qualifizierung oft auf Führungskräfte und „High Performer“. Also auf diejenigen, die ohnehin schon recht fit für die neue Arbeitswelt sind. Und so fühlt sich ein Drittel der Beschäftigten vom Unternehmen bei der Weiterbildung allein gelassen. Wie sieht das in Ihrem Unternehmen aus?
Und auch die Politik trägt Verantwortung – sie muss günstige Rahmenbedingungen für massive Weiterbildung und Umschulung schaffen. Schließlich hat nicht jedes Unternehmen das nötige finanzielle Polster, seine Angestellten großzügig weiterzubilden. Neuerdings fördert die Bundesagentur für Arbeit Weiterbildungen von mehr als 160 Stunden – nicht für Arbeitssuchende, sondern für Beschäftigte.
Was immer Unternehmen und Politik tun oder tun sollten: Unsere Weiterbildung ist vor allem auch unsere ganz persönliche Angelegenheit. Denn nur so sichern wir unsere Beschäftigungsfähigkeit in stürmischen Zeiten. Vielleicht setzt ja Ihre Firma spezifische Ziele für die Weiterbildung – wie die Beherrschung einer Cloud-Technologie oder einer bestimmten Kooperationsmethode. Doch was, wenn nicht?
Verlassen Sie sich nicht darauf, dass Ihnen Ihre Führungskraft Anregungen gibt. Fragen Sie sich stattdessen: Welches Zukunftsthema reizt mich? Und bitten Sie dann Ihre Führungskraft und HR um Unterstützung. An dieser Stelle kommt das Kompetenzrad ins Spiel. Damit können Sie checken, bei welchen Zukunfts-Fähigkeiten Sie sich schon heute sicher fühlen. Und ebenso, welche Fähigkeiten sie ausbauen oder neu lernen wollen.
Das Kompetenzrad: Vier Kompetenzfelder für die Arbeit von morgen
Fragen wir uns also: Welche Kompetenzen brauchen wir im digitalen Wandel? Das Kompetenzrad für die digitale Arbeitswelt umfasst vier gleich wichtige Kompetenzfelder:
- Selbstkompetenz
- Sozialkompetenz
- Schöpfungskompetenz
- Digitalkompetenz
Auf dem Feld der Digitalkompetenz bewegt sich viel. Immer schneller werden Digitaltechnologien in Arbeitsmethoden sowie neuen digitalen Produkten und Dienstleistungen eingesetzt. Ausführliche Informationen zu den anderen Feldern finden Sie in Willkommen in der Welt der Digital Natives: Wie Sie als erfahrene Arbeitskraft Ihre Stärken ausspielen.
Digitale Spezialkompetenzen umfassen neben Programmieren auch Big-Data-Analyse, Design von KI-Systemen, Blockchain-Technologie und vieles mehr. Solche Fähigkeiten brauchen Sie, wenn Sie Lust auf eine berufliche Umorientierung zu einem der gefragten Digitaljobs verspüren. Auch manche Fachkräfte außerhalb der eigentlichen Digitalberufe gewinnen, wenn sie sich gewisse Grundlagen aneignen. So sollten Sie als Personalverantwortliche oder Führungskraft beispielsweise verstehen, wie Künstliche Intelligenz bei der Personalbeschaffung eingesetzt wird und wo die Chancen und Fallstricke liegen.
Digitale Querschnittskompetenzen
Vielleicht reizen Sie jedoch andere (nicht-digitale) Themen mehr. Das ist kein Problem. Jedoch: Ganz ohne Digitalkompetenzen geht es in Zukunft kaum noch. Folgende Kompetenzen verschaffen Ihnen in jedem Job mehr Zukunftssicherheit:
- Informationsflut bändigen: Informationen aus dem Internet fokussiert und kritisch filtern.
- Daten- und Computersicherheit: Mit den eigenen Daten im Netz überlegt umgehen.
- Business-Netzwerke nutzen: Vernetzung und Austausch über LinkedIn oder Xing, digitale „Selbstvermarktung“.
- Virtuelle Kooperationstechniken beherrschen: Fit werden für mobiles Arbeiten und Home-Office.
- Online lernen: Onlinekurse und weitere Ressourcen im Netz gekonnt für die eigene Weiterbildung nutzen.
Für die neue Arbeitswelt brauchen Sie Fähigkeiten auf den vier Feldern Sozialkompetenz, Selbstkompetenz, Schöpfungskompetenz und Digitalkompetenz. Wenn Sie wollen, erwerben Sie digitale Spezialkompetenzen wie Programmieren, Big Data Engineering oder KI. Stärken Sie jedoch unbedingt auch Ihre digitalen Querschnittskompetenzen. Sie und Ihr Team müssen/dürfen während der Corona-Krise zu Hause arbeiten? Vielleicht bietet Ihnen genau das die Chance, Online-Kooperationstechniken auszuprobieren oder einen spannenden Onlinekurs zu belegen.
Dr. Christine Radomsky, IT-Ingenieurin, promovierte Physikerin und Karrierecoach, leitete viele Jahre Teams der Software-Entwicklung und Validierung in Konzernen der Telekommunikation und Bahntechnik. Heute unterstützt sie berufserfahrene Fach- und Führungsprofis mit Coachings und Onlinekursen, sich im digitalen Wandel der Arbeitswelt beruflich neu zu orientieren. Ihr Buch Willkommen in der Welt der Digital Natives: Wie Sie als erfahrene Arbeitskraft Ihre Stärken ausspielen erschien im November 2019 im Redline Verlag.