Trotz Quote und Selbstverpflichtung: Noch immer sind Frauen im Spitzenmanagement eine Rarität. Eine neue Studie hat untersucht, wie Frauen sich hier behaupten.
Das berichtet Wirtschaftspsychologie aktuell in einem Interview mit der Forscherin und Psychologin Cornelia Edding, die im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung mit 26 Vorständen über Vielfalt im Top-Management gesprochen hat. Die von ihr ausgewählten Unternehmen hatten alle wenigstens eine Frau im Vorstand. Edding zufolge würden die meisten Frauen noch mit recht traditionellen Frauenbildern der männlichen Kollegen konfrontiert werden. Und sie würden danach auch bewertet werden. Offenbar machten die Spitzenmanagerinnen nach wie vor die Erfahrung, dass ihnen der Job nicht zugetraut werde. “Das zeigt sich etwa, wenn darüber diskutiert wird, ob eine interessante Position vielleicht mit einer Frau besetzt werden soll. Dann tauchen bei den Männern plötzlich lauter nicht-fachliche Aspekte auf: Die zieht sich schlecht an, die ist zu dick, die ist zu forsch, die ist zu still, bei der ist die Stimme zu hoch, die redet zu lang…”, erzählt die Psychologin im Interview mit dem Magazin. Die größte Hürde sei immer noch: Dass Frauen hartes oder eher “männliches” Verhalten negativ ausgelegt wird. Dominantes und durchsetzungsstarkes Verhalten wird an Frauen kritisiert – bei Männern aber bewundert und erwartet.
Und wie entgehen die Top-Managerinnen diesem Problem nun? Verrückterweise hätten die meisten Interviewten in der Studie angegeben, dass Meinungsstärke in der ersten Zeit im Spitzenjob nicht positiv ankomme. Man kann es kaum glauben, aber tatsächlich lautet der Ratschlag daher: sich mit Meinungen lieber zurückhalten und sich stattdessen “Kompetenzen zu übergeordneten Themen” zu erarbeiten. Generell müsse aber jedes neue Mitglied –und zwar unabhängig vom Geschlecht – im Board sich erst einmal beweisen und sehr viel lernen.
Bloß nicht meinungsstark sein
Doch es gebe der Forscherin zufolge auch Regeln, die besonders für die Frauen gelten. “Profilierung durch Diplomatie” habe ein Interviewter in der Studie eine erfolgreiche Verhaltensweise genannt und dazu gehöre, genau zu überlegen, in welche Konflikte man sich hinein begebe, da Frauen einen engeren Verhaltenskorridor hätten, der bei ihnen respektiert werde.
Generell sollten Frauen, die eine Karriere im Spitzenmanagement anstrebten, schon vor der Berufung ins Board Bündnisse eingehen und mit allen Vorstandsmitgliedern sprechen. Auf diese Weise könnten die Kandidatinnen einerseits selbst abklopfen, ob sie ins Gremium passen und sie finden heraus, wie die Mitglieder ticken. Tatsächlich bekommen Frauen, wenn sie es überhaupt in einen Vorstand schaffen, eher ein “weicheres” und “weiblicheres” Ressort – etwa Personal oder Marketing, aber durchaus auch Finanzen. Edding bezeichnet diese Aufgaben als “Querschnittsressorts”, die eine Dienstleistung erbringen und insofern auf die Zusammenarbeit mit den anderen Ressorts angewiesen sind. Das heißt aber auch: Ohne Verbündete geht es in diesen Spitzenpositionen nicht.
Wollen die Männer nicht, hat die Frau verloren
Ein Grund, warum Frauen, die allein aufgrund der Quote und gegen den Widerstand der männlichen Gremiumsmitglieder in den Vorstand kommen, häufiger und schneller scheitern. Ein weiterer sei, dass viele Unternehmen unter Druck standen, schnell eine Frau zu berufen und Kandidatinnen von außen suchten, denen wichtiges Insiderwissen fehlte und auch nicht über ein eigenes Netzwerk und “eigene Machtbasis im Unternehmen” verfügten. Auch hier führte die Berufung letztlich zu Widerstand – und dazu, dass sich die Frauen selbst trotz Spitzenleistungen nicht in den Top-Jobs halten konnten. Am Ende sei es aber auch oft so, dass Top-Managerinnen deshalb scheitern, weil das Gremium sie nicht will.
Der Rat der Expertin lautet daher: Da ansetzen, wo die Widerstände entstehen – und das ist bei den Männern und im Unternehmen. Frauen müssten “konsequent gefördert und gezielt aufgebaut werden.” Aber noch etwas sei wichtig: Das Vorstandsgremium müsse Frauen als attraktiver Arbeitsort erscheinen. Und hier gibt es offenbar noch erheblichen Nachholbedarf.