Nur noch jede:r Vierte versteht Gesundheitsinformationen

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Rückschritt statt Fortschritt: In Deutschland haben drei von vier Menschen Schwierigkeiten, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und anzuwenden.

Seit 2014 ist die Gesundheitskompetenz um 20 Prozent gesunken. Das zeigt eine Studie der Technischen Universität München (TUM) und des Instituts für Digitale Gesundheit Berlin (IDG) im Auftrag des Wort-Bild-Verlags. Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach nennt die Ergebnisse einen „Warnschuss“. Die CSU-Politikerin fordert eine bessere bundesweite Zusammenarbeit und Angebote, „die vor Ort bei den Lebenswirklichkeiten der Menschen ansetzen“.


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„Menschen mit niedriger Gesundheitskompetenz sind häufiger und länger krankgeschrieben, sie gehen öfter in die Arztpraxen und in die Notaufnahme“, erklärt IDG-Studienleiter Kai Kolpatzik. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt die Folgekosten für das deutsche Gesundheitssystem „auf bis zu 24 Milliarden Euro im Jahr“. Um die Entwicklung zu stoppen, müsse Gesundheitsbildung bereits in Kitas und Grundschulen beginnen. Notwendig seien zudem bessere Medien- und Digitalkompetenz, mehr betriebliche Gesundheitsförderung und eine stärkere Berücksichtigung gesundheitlicher Themen in allen Politikbereichen.

Über 60-Jährige sind in Gesundheitsfragen deutlich kompetenter

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtLaut der Studie, an der auch das WHO Collaborating Centre for Health Literacy mitwirkte, fällt es vielen schwer, Vor- und Nachteile von Behandlungsangeboten oder Schutzmaßnahmen gegen Krankheiten zu bewerten. Dagegen bereitet das Verstehen von Hinweisen zu gesunder oder ungesunder Lebensweise weniger Probleme. Mit den Empfehlungen von Ärzt:innen oder Apotheker:innen kommen fast 80 Prozent gut zurecht. TUM-Studienleiterin Alexandra Frețian betont, dass über 60-Jährige in Gesundheitsfragen deutlich kompetenter sind als Jüngere. Anders als frühere Untersuchungen zeigt die aktuelle Studie jedoch „keinen signifikanten Unterschied bei den Faktoren Bildung, Migrationsgeschichte, Einkommen und Geschlecht“. Für die Analyse wurden im Sommer 2024 rund 2.000 Menschen repräsentativ online befragt.

Oliver Huizinga, Präventionsexperte des AOK-Bundesverbandes, lobt das Engagement für mehr Gesundheitskompetenz, warnt aber vor einer einseitigen Individualisierung des Themas. „Die Stärkung der individuellen Gesundheitskompetenz ist richtig und wichtig. Doch das könnte verpuffen, wenn die politischen Rahmenbedingungen dem entgegenwirken. Es geht hier um gesunde Ernährungsumgebungen, bewegungsfreundliche Kommunen, saubere Luft, weniger Verkehrslärm und konsequentes Handeln gegen Gesundheitsgefahren durch Tabak, Alkohol und viel zu viel Zucker in unseren Lebensmitteln. Hier ist Deutschland rückschrittlich.“

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