Jetzt auch aus Brüssel: Die EU-Kommission plant offenbar ein Recht auf zeitlich befristete Teilzeit bis zum zwölften Lebensjahr des Kindes – mit anschließendem Rückkehrrecht auf die alte Vollzeitstelle.
Das berichteten am Wochenende verschiedene Medien unter Berufung auf einen neuen Gesetzesvorschlag zur Überarbeitung der EU-Elternzeit-Richtlinie von 2010. Demnach sollen die Pläne der Kommission in dieser Woche präsentiert werden. Der kommt von EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen, die sich für flexiblere Arbeitsbedingungen und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf stark macht. Wenn es nach der Kommissarin geht, dann ist das Recht auch nicht an eine bestimmte Betriebsgröße – wie im deutschen Arbeitsrecht sonst oft üblich, etwa im Teilzeit- und Befristungsgesetz – gebunden.
Das ist ein weitgehendes Vorhaben. Zwar hatte es bereits hierzulande Vorstöße gegeben, ein Rückkehrrecht auf Vollzeit einzuführen. Dafür hatte sich Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) stark gemacht und wollte einen entsprechenden Gesetzesvorschlag noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg bringen. Wie aber bereits im Teilzeit- und Befristungsgesetz soll das Recht nur für Unternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten gelten. Und derzeit sieht es nicht so aus, als würde das Gesetzesvorhaben noch umgesetzt werden – aus der Wirtschaft und von der Union kommt erheblicher Widerstand.
Schon bei der Frauenquote kam auf nationalstaatlicher Ebene erst etwas in Gang, als ein entsprechender Richtlinienvorschlag auch in Brüssel disktutiert wurde – man darf also gespannt sein, ob das Vorhaben der EU-Kommission die Einführung eines Rückkehrrechts auf Vollzeit beschleunigen wird.
Frauen verrichten Großteil der unbezahlten Arbeit
Klar ist: Von einem solchen Gesetz werden überall in der EU vor allem Arbeitnehmerinnen profitieren. In keinem anderen EU-Land ist allerdings die Teilzeitquote der Frauen so hoch wie in Deutschland. Sie schultern immer noch die Hauptlast an der unbezahlten Familien- und Hausarbeit. Das zeigte am Wochenende auch eine neue Studie vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Demnach leisten Frauen immer noch mehr als doppelt so viel unbezahlte Carearbit als Männer. Besonders krass ist der Unterschied bei Männern und Frauen in Paarbeziehungen mit Kindern. Hier verrichten die Frauen immer noch die meiste Haus- und Erziehungsarbeit. Das geht meist nur, weil die Frauen Teilzeit arbeiten und die Paare nach wie vor die traditionelle Rollenverteilung wählen. Und selbst wenn beide Vollzeit arbeiteten, leiste eine Frau im Mittel gut drei Stunden Hausarbeit – der Mann nur zwei.
Die Untersuchung basiert den Angaben zufolge auf einer Sonderauswertung des WSI GenderDatenPortals auf Grundlage einer Erhebung (2012/2013) des Statistischen Bundesamts unter mehr als 10.000 Menschen in Deutschland.
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Ein begrüßenswerter Ansatz. Für mehr Frauenfreundlichkeit in den Betrieben, Stärkung der Familieneinkommen und Flexibilisierung der Arbeitszeit (im umgekehrten Sinne).