Finanzamt steht über Datenschutz

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Das Finanzgericht Nürnberg hat in einer wegweisenden Entscheidung festgestellt, dass das Finanzamt zur Prüfung der Einkommensteuererklärung personenbezogene Daten auch von unbeteiligten Dritten verlangen darf.

Diese Entscheidung basiert auf dem öffentlichen Interesse an der Aufgabenerfüllung des Finanzamtes, das über den Datenschutzanliegen einer einzelnen Person steht. Um staatliche Leistungen wie das Bürgergeld oder den Kinderzuschlag zu erhalten oder bestimmte Kosten beim Finanzamt geltend zu machen, sind detaillierte Angaben zu den finanziellen Verhältnissen erforderlich. Das bedeutet, dass sämtliche Einnahmen und Vermögenswerte korrekt offengelegt werden müssen, klärt dazu die Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V. (VLH) auf. Ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Nürnberg (Aktenzeichen 3 K 596/22) bestätigt, dass auch ein Mietvertrag inklusive der Konditionen und Kontaktdaten von Mietern offengelegt werden muss.

Die Weitergabe der Daten erfolgt datenschutzkonform

Im konkreten Fall hatte ein Vermieter sich geweigert, die Namen und Mietverträge seiner Mieterinnen und Mieter aus Datenschutzgründen offenzulegen. Das Finanzamt bestand jedoch auf die Offenlegung, das Finanzgericht gab dem Finanzamt Recht. Die Begründung: Ein Steuerpflichtiger ist nach § 90 Abs. 1 AO zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Diese Mitwirkungspflicht erfüllt er, indem er die für die Besteuerung relevanten Informationen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegt. Welche Daten dafür erforderlich sind und offengelegt werden müssen, liegt im Ermessen des Finanzamtes.

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Der Vermieter hat gegen das Urteil Berufung eingelegt, das Verfahren befindet sich derzeit vor dem Bundesfinanzhof (BFH) (Aktenzeichen IX R 6/23). Die VLH hingegen schätzt die Chancen auf eine Entscheidung im Sinne des Vermieters als gering ein. Das Finanzamt ist an das Steuergeheimnis gebunden, daher dürfen die in den Mietverträgen enthaltenen Daten nur für die Erstellung der Einkommensteuererklärung des Klägers verwendet werden, aber nicht darüber hinaus. Die Weitergabe der Daten erfolgt datenschutzkonform. Denn nur Finanzbeamtinnen und Finanzbeamte sind über die Daten informiert, um im öffentlichen Interesse die Aufgaben des Finanzamtes zu erfüllen.

Finanzamt will Bankgeheimnis umgehen

In einem anderen Fall (Aktenzeichen IX R 32/21) hat das Finanzamt die Bank eines Steuerpflichtigen kontaktiert, um Zugang zu seinen Kontoauszügen zu erhalten, nachdem der Steuerpflichtige die Herausgabe verweigert hatte. Hier muss ebenfalls der Bundesfinanzhof entscheiden, da in Deutschland das Bankgeheimnis gilt. Die Entscheidung darüber, welches Interesse in diesem Fall höher wiegt, obliegt den Richterinnen und Richtern des BFH.


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Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.