So viele Frauen wie nie zuvor in Vorständen

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Der Frauenanteil in den Vorständen der 160 börsennotierten DAX-Konzerne hat einen neuen Höchststand erreicht. Denoch fordern Verbände weitere Fortschritte, um die gläserne Decke weiter zu durchbrechen.

Laut einer aktuelle EY-Analyse saßen am 1. Januar 2025 insgesamt 136 Frauen in den obersten Führungsgremien dieser Unternehmen – 14 mehr als im Vorjahr. Damit stieg der Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder auf 19,6 Prozent.

Zum Vergleich: Im Januar 2015 zählten die Vorstände der damals 160 größten börsennotierten Unternehmen Deutschlands nur 25 Frauen. Der Anstieg zeigt eine klare Entwicklung hin zu mehr Frauen in Führungspositionen. Dennoch bleibt der Anteil niedrig, wie Expert:innen und Frauenverbände betonen.

“Ein Gleichgewicht zwischen Frauen und Männern in Führungspositionen haben wir noch lange nicht erreicht”

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtAuch in den Aufsichtsräten wächst der Frauenanteil. Laut dem Verband “Frauen in die Aufsichtsräte” (Fidar) hat er sich in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. In den Aufsichtsräten der DAX-160-Unternehmen und 19 weiterer paritätisch mitbestimmter Konzerne liegt er aktuell bei 37,2 Prozent. Das entspricht 755 Frauen gegenüber 1.272 Männern.

“Das ist ein wichtiger Fortschritt”, sagt Fidar-Präsidentin Anja Seng. Doch sie ergänzt: “Ein Gleichgewicht zwischen Frauen und Männern in Führungspositionen haben wir noch lange nicht erreicht.” Die gläserne Decke ist in vielen Branchen weiterhin spürbar. Auch EY-Expertin Isabell Moessler sieht Handlungsbedarf. “Trotz des positiven Trends bleibt der Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder zu niedrig”, erklärt sie. Unternehmen müssten nicht nur bei der Rekrutierung, sondern auch bei der Förderung weiblicher Talente innerhalb der Organisation mehr tun.

Oft hemmt die Unternehmenskultur den Aufstieg

Die Gründe für die geringe Repräsentation von Frauen in Spitzenpositionen sind vielfältig. Neben fehlenden Karrieremodellen, die Familie und Beruf vereinbaren, hemmt oft die Unternehmenskultur den Aufstieg. “Es braucht mehr als Quotenregelungen – es braucht einen Kulturwandel”, betont Moessler.

Frauenverbände und Gleichstellungsorganisationen fordern daher verstärkte Maßnahmen, um die gläserne Decke weiter aufzubrechen. Neben der gesetzlichen Frauenquote, die seit 2021 für börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen gilt, seien verbindliche Zielvorgaben und transparente Berichte zu Geschlechterverhältnissen auf allen Führungsebenen notwendig.


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Die Zahlen zeigen jedoch, dass Veränderung möglich ist. Expert:innen betonen, dass Unternehmen mit vielfältigen Führungsteams langfristig von breiteren Perspektiven und größerer Innovationskraft profitieren. In einer komplexen globalen Wirtschaft ist das ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.

“Es gibt noch viel Luft nach oben”, so Seng. “Aber die Richtung stimmt.” Ob der Trend anhält und ob sich in den kommenden Jahren eine annähernde Parität einstellt, bleibt abzuwarten. Doch die aktuellen Entwicklungen zeigen: Die Diskussion um Gleichstellung in den Chefetagen gewinnt an Dynamik.

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Tina Groll

Tina Groll, SPIEGEL-Bestsellerautorin und Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft, konzentriert sich als Autorin von WIR SIND DER WANDEL auf Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren” aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat und Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union.