Die Konjunkturkrise erreicht den Arbeitsmarkt: Das IAB warnt vor steigender Arbeitslosigkeit und einem schwächelnden Beschäftigungswachstum, besonders in der Industrie und im Baugewerbe.
Die Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt verschlechtert sich: Forscher:innen des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) warnen vor steigender Arbeitslosigkeit und schwachem Beschäftigungswachstum. Laut ihrer Prognose wird die Zahl der Arbeitslosen im Jahresschnitt sowohl 2023 als auch 2024 steigen, während die Beschäftigungsdynamik stark nachlässt. Nur der öffentliche Dienst und Teilzeitstellen tragen zu einem leichten Zuwachs bei, während die Industrie zunehmend Arbeitsplätze abbaut.
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Das IAB erwartet, dass die Zahl der Erwerbstätigen 2024 nur um 170.000 und 2025 um 180.000 steigen wird. Ein deutlich geringerer Zuwachs im Vergleich zu den kräftigen Beschäftigungszuwächsen der letzten Jahrzehnte. „Die regelmäßig kräftigen Beschäftigungszuwächse des vergangenen Jahrzehnts werden nicht mehr erreicht“, erklärt IAB-Forscher Enzo Weber. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im Bruttoinlandsprodukt (BIP) wider, das laut IAB 2024 um 0,1 Prozent zurückgehen und 2025 nur um 0,4 Prozent wachsen wird.
Besonders besorgniserregend ist die Lage im Baugewerbe
Für 2024 rechnet das IAB mit einem geringen Anstieg von 160.000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten auf insgesamt 34,95 Millionen Personen. Auch für 2025 erwartet das Institut nur eine geringe Zunahme um 170.000 auf dann 35,12 Millionen Personen, was dennoch einen neuen Höchststand markiert. Dieser Anstieg ist jedoch ausschließlich auf die Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen, während die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten in beiden Jahren leicht sinken wird.
Besonders besorgniserregend ist die Lage in der Industrie und im Baugewerbe. Während der öffentliche Dienst, das Gesundheitswesen und die Bildungsbranche noch Wachstum verzeichnen, sieht das IAB in der Industrie und auf dem Bau Rückgänge bei der Beschäftigung voraus. „Beschäftigte werden gehalten, weil sie schwer wiederzubekommen sind. Das sichert zwar die Einkommen und bewahrt die Volkswirtschaft vor einer ausgeprägten Rezession. Gerade die Industrie verliert aber kontinuierlich an Produktion und Beschäftigung“, so Weber. Die Zurückhaltung bei Neueinstellungen und der schleichende Beschäftigungsabbau in diesen Sektoren könnten langfristig die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gefährden.
Schleichender Beschäftigungsabbau in der Industrie
Die Zahl der Arbeitslosen wird nach Schätzungen des IAB im Jahr 2024 um 170.000 steigen, gefolgt von einem weiteren Anstieg um 60.000 im Jahr 2025. Weber betont, dass sich die Jobchancen von Arbeitslosen, die bereits zu Beginn der Pandemie und erneut 2022 drastisch eingebrochen waren, nicht nachhaltig erholt haben. Trotz des nach wie vor hohen Bedarfs an Arbeitskräften verfestigen sich strukturelle Probleme auf dem Arbeitsmarkt, was die Integration von Arbeitslosen erschwert.
Diese düsteren Aussichten verdeutlichen, dass der deutsche Arbeitsmarkt vor erheblichen Herausforderungen steht. Während bestimmte Sektoren wie der öffentliche Dienst und das Gesundheitswesen weiterhin als Stabilitätsanker fungieren, droht vor allem in der Industrie ein schleichender Niedergang. Die Politik steht vor der Aufgabe, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die negativen Trends zu stoppen und den Arbeitsmarkt zukunftssicher zu gestalten.