Eine neue Studie zeigt, wie Schweden ältere Beschäftigte erfolgreich länger im Job hält. Können finanzielle Anreize und bessere Arbeitsbedingungen auch hierzulande die Lösung sein?
Deutschland kämpft mit einem wachsenden Problem: dem Fachkräftemangel. Ob in Pflege, Gastronomie, Handwerk, Wirtschaft, Verwaltung oder Bildung – überall fehlen qualifizierte Mitarbeitende. Laut der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) sind derzeit etwa zwei Millionen Stellen unbesetzt. Diese alarmierende Zahl bedroht nicht nur die betroffenen Branchen, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität des Landes.
Die Suche nach Lösungen läuft auf Hochtouren. Einige Expert:innen fordern mehr Zuwanderung von Fachkräften, andere diskutieren über eine Anhebung des Renteneintrittsalters. Beide Ansätze stoßen jedoch auf Widerstand. Eine von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichte Studie schlägt vor, ältere Beschäftigte zu motivieren, länger zu arbeiten oder ihre Arbeitszeit zu verlängern. Doch auch dieser Ansatz birgt Herausforderungen.
Bedeutung der Lebensstandardsicherung
Eine Umfrage des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass 65 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sich vorstellen können, bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter zu arbeiten. Doch nur 57 Prozent wollen dies tatsächlich tun. Besonders besorgniserregend: Nur 48 Prozent fühlen sich in der Lage und haben den Wunsch, bis zum Rentenalter zu arbeiten. Etwa 17 Prozent der Befragten gaben an, weder die Fähigkeit noch den Wunsch zu haben, bis zum gesetzlichen Rentenalter zu arbeiten. Sechs Prozent würden gerne bis zur Regelaltersgrenze tätig bleiben, befürchten jedoch, nicht so lange durchzuhalten. 14 Prozent könnten bis zum Renteneintritt arbeiten, möchten aber lieber früher in Rente gehen.
Über alle Altersgruppen hinweg spielt die Sicherung des Lebensstandards im Alter die wichtigste Rolle bei der Entscheidung über den Renteneintritt. Die Studie zeigt auch, dass Beschäftigte, die Freude und Engagement in ihrer Arbeit empfinden, häufiger bereit sind, bis zum Rentenalter zu arbeiten. Laut der Studie streben Beschäftigte, die sich bei ihrer Arbeit voller Energie fühlen und selten an deren Bedeutung zweifeln, rund 13,2 Prozentpunkte häufiger eine Erwerbstätigkeit bis zur Regelaltersgrenze an als weniger engagierte Kolleg:innen. Dies zeigt, dass finanzielle Anreize allein nicht ausreichen, um ältere Beschäftigte im Job zu halten. Faktoren wie Gesundheit, Wohlbefinden, Arbeitsbedingungen und Weiterbildungsmöglichkeiten spielen eine ebenso wichtige Rolle.
Schweden als Vorbild
Ein Blick ins Ausland zeigt, dass es auch anders geht. In Schweden gelingt es seit Jahren, ältere Menschen länger im Arbeitsleben zu halten. Dies wird durch eine Kombination aus finanziellen Anreizen, altersgerechten Arbeitsplätzen und flexiblen Arbeitsmodellen erreicht. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) kommt zu dem Schluss, dass Deutschland von Schweden lernen kann. Demnach könnten bis 2035 rund 1,36 Millionen Vollzeitstellen in der Altersgruppe der 55- bis 70-Jährigen geschaffen werden, indem Teilzeitbeschäftigte ihre Arbeitszeit aufstocken, ältere Menschen länger im Beruf bleiben oder sogar nach dem Renteneintritt weiterarbeiten.
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Um dieses Potenzial zu heben, sind umfassende Reformen notwendig. Die Studienautor:innen betonen, dass neben finanziellen Anreizen auch andere Maßnahmen erforderlich sind. Dazu zählen passgenaue Arbeitsplätze, flexible Arbeitszeitmodelle, kontinuierliche Weiterbildung sowie der Ausbau von Gesundheitsvorsorge, Pflege- und Betreuungsangeboten. Diese Maßnahmen könnten dazu beitragen, das demografisch bedingte Schrumpfen der Erwerbstätigenzahl in dieser Altersgruppe nahezu auszugleichen.