Hauptsache, die Rente ist sicher

Rentner sitzt auf Parkbank

Ob wir noch eine Rente bekommen, von der wir leben können, hängt davon ab, wie alt man ist. Zur Bundestagswahl versprechen alle Parteien: Sie wollen die gesetzliche Rente sichern. Doch wie das geschehen soll, darüber gibt es recht unterschiedliche Vorschläge.

Prognosen gehen davon aus, dass das Rentenniveau für künftige Generationen spätestens ab 2030 sinken wird – auf 43 Prozent oder noch weniger. Bis dahin, also bis 2030, hat die aktuelle Bundesregierung die Höhe der Renten bei immerhin 46 Prozent gesichert, indem sie Steuerzuzahlungen beschlossen hat. Wie es danach genau weiter geht, hängt von verschiedenen Faktoren ab: der Zahl der Beitragszahlenden, Beitragshöhen, Rentenniveau und Steuerzuschüsse.

Das klingt eher nicht so, als könnte ich mich darauf verlassen

Zur Bundestagswahl versprechen alle Parteien von links bis rechts: Sie wollen die gesetzliche Rente sichern. Doch wie das geschehen soll und welchen Anteil betriebliche und private Vorsorge spielen – darüber gibt es recht unterschiedliche Vorschläge.

Es gibt immer mehr alte und immer weniger junge Menschen. Wie wollen die Parteien das Problem lösen?

Die Union setzt einfach auf Wirtschaftswachstum und findet, dass “die beste Rentenpolitik” eine gute Wirtschaftspoltik sei. “Denn je mehr Menschen sozialversicherungspflichtig arbeiten, desto besser ist es für die Rente”, so die Konservativen. Darum soll eine Versicherungspflicht für Selbständige eingeführt werden, “die nicht bereits anderweitig abgesichert sind.” Ansonsten wollen die Konservativen wenig am Rentensystem ändern.

Die SPD sieht das anders. Für sie ist das gesetzliche System ganz zentral, private oder betriebliche Vorsorge sind nur Beiwerk. Die Sozialdemokraten gehen davon aus, dass die Umlagefinanzierung nur funktionieren wird, wenn langfristig alle Erwerbstätigen – also auch Beamte, Selbständige, Abgeordnete sowie Berufsgruppen, die bisher über eigene Versorgungswerke abgesichert sind – in die gesetzlich Rente einzahlen.

Ähnlich sehen das die Grünen. Sie nennen das Ganze nur anders. Sie wollen die gesetzliche Rentenversicherung zu einer “Bürger*innenversicherung” (mit Gender-Sternchen) weiterentwickeln, in die alle Beschäftigten einzahlen.

Leistungen für Reiche deckeln

Die Linke hat die radikalsten Forderungen: Sie will aus der gesetzlichen Rente eine “Solidarische Erwerbstätigenversicherung” machen. Klar, dass auch hier alle einzahlen. Die Linke will außerdem die Renten spürbar anheben. Darum fordert die Partein auch eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze. Damit es dadurch am Ende nicht zu hohen Rentenansprüchen von Reichen kommt, soll eine “Beitrags-Äquivalenzgrenze” eingeführt werden – die Leistungen für die Reichen werden also gedeckelt.

Die AfD macht wenig konkrete Aussagen, wie sie das Problem mit dem demografischen Wandel lösen will. Sie will aber versicherungsfremde Leistungen streichen. Die sollen künftig aus Steuermitteln bezahlt werden. Für die AfD ist auch klar: Leistungen sollen nur jene erhalten, die auch eingezahlt oder Kinder erzogen haben. “Die Rentenhöhe hängt dabei von den eingezahlten Beiträgen und dem Renteneintritt ab. Wer länger arbeitet, bekommt entsprechend mehr Rente”, lautet die einfache Formel. Beitragszahlende sollen weiterhin vor allem Beschäftigte und Unternehmen sein – sowie Abgeordnete, denn Politikerpensionen sind den Rechtspopulisten ein Dorn im Auge.

Bleibt noch die FDP: Ihr Rentenkonzept würde den größten Umbau erfordern, denn die Liberalen wollen die gesetzliche Rentenversicherung auf zwei Pfeiler stellen, indem sie eine gesetzliche Aktienrente einführen. Das Konzept sieht vor, dass sich die gesetzliche Rente aus zwei Bestandteilen zusammensetzt: der Teil, der wie gehabt umlagefinanziert ist und der Teil, der aus einem gesetzlichen Aktienfonds kommt. Die Liberalen schlagen vor, dass zwei Prozent vom Brutto in diesem Fonds angelegt werden. Als Vorbild sieht die FDP hier Schweden, wo das schon lange so gehandhabt wird.

Legen sich die Parteien fest, wie hoch das Rentenniveau sein soll? Und was ist mit den Beiträgen?

Während CDU, AfD und FDP zum Rentenniveau keine Zahlen in ihrem Wahlprogramm nennen, werden SPD, Grüne und Linke konkret. Am meisten können die Menschen von den Linken erwarten: Sie wollen ein Rentenniveau von mindestens 53 Prozent. Die Anhebung könne “problemlos innerhalb einer Wahlperiode” erfolgen und würde Beschäftigte und Unternehmen nur cirka 33 Euro pro Monat kosten. Behauptet die Partei und rechnet so: “Wer derzeit die aktuelle Durchschnittsrente von 1.048 Euro bekommt, erhält dann 1.148 Euro, also knapp 100 Euro mehr im Monat.” Finanziert werden soll das Ganze auch durch die Abschaffung der Riesterrente. Die Linken gehen dabei jedoch davon aus, dass quasi jeder einen bestimmten Betrag im Monat privat vorsorgt. Tatsächlich gibt es aber nur etwas mehr als 16 Millionen Riester-Verträge, ein Teil davon wird auch gar nicht mehr bespart.

Die Parteien fokussieren sich in ihren Konzepten auf das Renteneintrittsalter

SPD und Grüne hingegen wollen, dass das Rentenniveau mindestens bei 48 Prozent bleibt. Mehr darf es nach Vorstellungen der Parteien aber auch sein. Wie genau das gehen könnte, bleibt aber offen.

Müssen sich Jüngere auf eine weitere Anhebung des Renteneintrittalters oder steigende Beiträge gefasst machen?

Zunächst die gute Nachricht: Höhere Beiträge sind für keine Partei ein Thema. Immerhin beträgt der Beitrag heute schon 18,6 Prozent. Außerdem zahlt der Staat gut 100 Milliarden Euro pro Jahr (das sind gut drei Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung) als Steuersubvention ins System. Die Parteien fokussieren sich in ihren Konzepten daher auf das Renteneintrittsalter.

Während die CDU an der Grenze von 67 Jahren festhält (und damit den Menschen das durchhalten vorschlägt, sowie “die medizinische und berufliche Rehabilitation” gestärkt werden), lehnt die SPD eine weitere Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters ab. Für die Sozialdemokraten wäre das eine Rentenkürzung für alle, die nicht länger arbeiten können. Außerdem will die SPD, dass mehr Menschen abschlagsfrei in Rente gehe können, sofern sie viele Jahre lang eingezahlt haben. Wie viel, verraten die Sozialdemokraten aber nicht. Zudem will die SPD die Erwerbsminderungsrente verbessern. Aber auch dazu fehlen Details im Wahlprogramm.

Die Linken wollen das Renteneintrittsalter auf 65 Jahre absenken. Wer 40 Jahre lang eingezahlt hat, soll nach Ansicht der Partei auch schon mit 60 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können. Bei den Grünen geht es in die andere Richtung: Sie wollen mehr Menschen ermöglichen, auch nach dem 67. Lebensjahr weiterzuarbeiten.

Die FDP wiederum will den Renteneintritt ganz flexibel machen. “Wer früher in Rente geht, bekommt eine geringere, wer später geht, erhält eine höhere Rente. Wer das 60. Lebensjahr und mit allen Altersvorsorgeansprüchen mindestens das Grundsicherungsniveau erreicht, soll selbst entscheiden, wann der Ruhestand beginnt”, heißt es hier. Damit Rentnerinnen und Rentner nebenher dennoch arbeiten können, sollen Zuverdienstgrenzen abgeschafft werden.

Allen Parteien ist die Riesterrente zu teuer, zu bürokratisch, zu intransparent

Flexibilität will auch die AfD. Sie nennt erst gar keine Alterszahlen, sondern schreibt: “Die Betroffenen (…) wissen selbst am besten, wann sie aus dem Erwerbsleben ausscheiden wollen. Wir wollen deshalb jedem ermöglichen, länger zu arbeiten und im Einvernehmen mit dem jeweiligen Arbeitgeber zum individuellen Wunschzeitpunkt den Ruhestand anzutreten.” Ob damit auch ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gemeint ist, bleibt unklar.

Wird Riester abgeschafft? Wie sind die Pläne der Parteien für die private Vorsorge?

Dass die Riesterrente zu teuer, zu bürokratisch und zu intransparent ist, haben mittlerweile alle Parteien eingesehen. Die CDU will einen “Neustart” und Kriterien für ein Standardvorsorgeprodukt entwickeln, das für abhängig Beschäftigte quasi obligatorisch ist. Die Konservativen erwägen auch ein “staatlich organisiertes Standardvorsorgeprodukt”, das aber nur aufgelegt werden soll, wenn künftig deutlich mehr Menschen privat vorsorgen. Das Ganze liest sich daher fast wie eine Drohung.

Ein neues kostengünstiges Standardprodukt will auch die SPD. Sie schlägt eine staatlich geförderte private Vorsorge vor, die wie in Schweden digital und grenzüberschreitend auch von einer staatlichen Institution angeboten wird. Staatliche Zuschüsse soll es bei den Sozialdemokraten nur für kleine und mittlere Einkommen geben, Wohlhabende sollen keine Zulagen erhalten.

Die Grünen und die Linken wollen Riester ganz abschaffen. Die Linken wollen die bestehenden Verträge dann einfach in die gesetzliche Rente überführen. Wer also bisher geriestert hat, würde seine Ansprüche nicht verlieren. Die bisherige staatliche Förderung – laut Linke immerhin knapp vier Milliarden Euro pro Jahr – würde dann einfach als Zuschuss in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt.

Die Grünen hingegen wollen Riester und Rürup durch einen öffentlich verwalteten Bürger*innenfonds ersetzen, der aber nur nachhaltig anlegen darf. Das Problem ist aber: Es ist gar nicht so einfach, nachhaltig anzulegen, die Umsetzung dürfte daher sehr schwierig werden. Staatliche Förderung soll es bei diesem Konzept auch weiterhin geben, aber – wie bei der SPD – begrenzt für die unteren Einkommen. Bestehende Riesterverträge haben auch bei den Grünen Bestandsschutz. Und in den Fonds müssen übrigens alle Bürgerinnen und Bürger einzahlen, es sei denn, sie widersprechen aktiv.

Alle wollen Betriebsrenten stärken

Die FPD hingegen will eine Rente nach dem Baukastenprinzip, da darf dann auch die private Vorsorge nicht fehlen. An Riester und Rürup wollen die Liberalen festhalten, ferner wollen sie ein Altersvorsorge-Depot, in dem verschiedene private Anlagen gemischt werden können.

Und was ist mit der Betriebsrente – wird die bald zur Pflicht?

Die Betriebsrenten stärken, das wollen eigentlich alle Parteien. Eine Pflicht dafür soll es aber nur bei der Linken geben. Sie fordert “eine überwiegend von den Arbeitgebern finanzierte betriebliche Altersversorgung”. Die Linke und auch die SPD wollen zudem mehr Tarifverträge, die eine betriebliche Altersvorsorge vorschreiben.

CDU und FDP dagegen machen eher Vorschläge, wie die betriebliche Altersvorsorge für Unternehmen attraktiver werden könnte – etwa über Förderungen für kleine und mittlere Betriebe.

Die Grünen wollen Unternehmen ihren Bürger*innenfonds auch für die betriebliche Altersvorsorge zur Verfügung stellen. Die AfD macht gar keine Angaben, welche neuen Ideen sie für den Ausbau der zweiten Säule der Alterssicherung hat.

Wie steht es die Altersarmut – wie soll sie bekämpft werden?

SPD und CDU nennen beide die Grundrente als Erfolg im Kampf gegen Altersarmut, sie haben ja auch lang genug darum gestritten. Die FDP will eine “Basisrente”, deren Höhe aber unklar ist. Die Grünen finden, dass die Grundrente repariert werden müsse. Sie wollen diese zu einer “echten Garantierente weiterentwickeln, die deutlich mehr Menschen als bisher einbezieht und finanziell besserstellt”. Konkreter werden sie jedoch nicht.

Nur die Linke nennt wieder eine Zahl. Sie fordert, dass wirklich jeder Anspruch auf eine “Solidarische Mindestrente” von 1.200 Euro haben soll. Diese soll, wie so vieles im Wahlprogramm der Linken, aus Steuern bezahlt werden.

Was ist den Parteien sonst noch wichtig beim Thema Rente – gibt es spezielle Forderungen?

Die AfD will vor allem Familien stärken: Für jedes Kind sollen 20.000 Euro Beiträge der Eltern zur Rentenversicherung aus Steuermitteln erstattet werden, fordern die Rechtspopulisten. Die Linken wollen eine Rente auch für Langzeitarbeitslose und die FDP will es Lebensversicherern, Pensionskassen und Versorgungswerken ermöglichen, in Wagniskapital, Start-ups, Aktien oder Infrastrukturprojekte zu investieren. Das soll dann die Renditechancen in der privaten Vorsorge erhöhen.

Zusammengefasst, wer steht bei der Rente für was?

SPD, Linke und auch Grüne wollen die gesetzliche Rentenversicherung für alle ausbauen, was für Beamte, Selbständige und Menschen in freien Berufen mit Versorgungswerken einschneidend wäre. CDU, FDP und AfD würden eher in der bestehenden Struktur herumdoktern. Die FDP will die gesetzliche Rente um eine gesetzliche Aktienrente erweitern – ein völlig neues Konzept in Deutschland, immerhin würde ein Teil der Beiträge am Kapitalmarkt investiert.

Und während bei der privaten Vorsorge SPD und CDU Riester und Co. durch ein neues, billigeres und einfacheres Standardprodukt ablösen wollen, favorisieren die Grünen für einen öffentlich-verwalteten Bürger*innenfonds, der nachhaltig anlegt. Die Linken hingegen wollen eine staatlich geförderte private Vorsorge abschaffen, dafür aber das Renteneintrittsalter absenken und das Rentenniveau erhöhen.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.