Der Anteil berufstätiger Männer mit psychischen Erkrankungen erreicht ein Rekordhoch. Doch es gibt auch positive Entwicklungen: Immer mehr Männer sprechen offen über ihre seelischen Probleme und suchen professionelle Hilfe.
Depressionen, Angst- oder Anpassungsstörungen betreffen nicht nur Frauen: Der Anteil der Männer, die sich wegen psychischer Erkrankungen krankschreiben lassen, hat im ersten Halbjahr 2024 einen Höchststand erreicht. Laut Daten der KKH Kaufmännische Krankenkasse kamen von Januar bis Ende Juni dieses Jahres 388 Fehltage auf 100 Berufstätige. Mehr als ein Drittel davon (35,5 Prozent) entfallen auf Männer. 2023 waren es 34,7 Prozent, im Vor-Corona-Jahr 2019 noch 32,4 Prozent. Besonders stark gestiegen ist der Anteil der Fehlzeiten bei Männern wegen depressiver Episoden im Job, der nun bei 39,2 Prozent liegt (2019: 32,7 Prozent).
Einer der Gründe für diese Entwicklung ist der Druck der Leistungsgesellschaft. Stress gilt besonders bei Männern als Statussymbol und Zeichen von Leistungsfähigkeit. Die ständige Erreichbarkeit per Smartphone und die verschwimmenden Grenzen zwischen Beruf und Privatleben sind zur Norm geworden. Ständig greifbar zu sein und Perfektes abzuliefern, gilt als Inbegriff von Erfolg. Zwar sind Frauen – vor allem mit Blick auf die Doppelbelastung Familie und Beruf – nach wie vor stärker belastet und leiden häufiger an Depressionen und anderen seelischen Erkrankungen. Doch auch bei Männern ist der Druck längst nicht mehr rein beruflicher Natur. Vor allem bei Familienvätern hat der Stress deutlich zugenommen.
Der Anstieg psychischer Belastungen ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen
Laut einer forsa-Umfrage der KKH standen Anfang dieses Jahres gut die Hälfte der Väter mit Kindern unter 18 Jahren (56 Prozent) oft unter hohem Druck. 2019 waren es noch rund ein Drittel (34 Prozent). Häufiger Ursache für Stress als noch vor fünf Jahren sind bei Vätern mittlerweile die Erziehung und Betreuung der Kinder (45 zu 33 Prozent) sowie die Arbeitsbelastung im Haushalt (30 zu 16 Prozent).
„Unsere Daten zeigen, dass Männer zunehmend belastet sind, mittlerweile aber auch offener als noch vor ein paar Jahren über psychische Probleme sprechen können und sich professionelle Hilfe suchen. Auch das führt zu vermehrten Diagnosen und Krankschreibungen“, sagt Stephanie Engelmann, Vorständin der Kaufmännischen Krankenkasse. Diese Enttabuisierung sei ein wichtiges Signal, denn der Anstieg psychischer Belastungen ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, das keinen Platz für Stigmatisierungen und Rollenklischees biete. „Jeder sollte sich trauen können, seelische Probleme offen anzusprechen, unabhängig vom Geschlecht“, betont Engelmann.
Mehr Zufriedenheit und Erfolg
Unternehmerin Diana Posner weiß, dass das nicht immer leicht ist. Mit dem Mental-Health-Portal „reality bites“ hat die Düsseldorferin vor vielen Jahren eine Plattform geschaffen, auf der sich Betroffene unkompliziert informieren, austauschen oder mit Expert:innen vernetzen können. Ihre Grundidee der offenen Kommunikation und Hilfestellung rund um die mentale Gesundheit bringt Posner nun auch in Unternehmen ein: Das Gesundheitsportal „Mental Corner“, entwickelt von der dipo bites GmbH mit fachlicher Unterstützung der KKH, richtet sich speziell an Firmenkunden, um die Gesundheit von Mitarbeitenden mit individuellen Programmen zu fördern – für mehr Zufriedenheit und Erfolg.