Klimakrise, Finanzkrise, Corona-Krise – eine Krise scheint die nächste zu jagen. Während sich Hunderttausende unter dem „For Future“-Banner vereinen und engagieren, schweigen etablierte Wirtschaftswissenschaftler. Obwohl ihr Denkstil wesentlich zu diesen Krisen beigetragen hat.
Gerade in Zeiten von Unsicherheit, der Erosion von scheinbaren Selbstverständlichkeiten und dem Versagen von alten Lösungsmustern braucht es einen grundlegenden Wandel in den Wirtschaftswissenschaften, um reflektierte Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit geben zu können, ist Lars Hochmann, Herausgeber von economists4future, überzeugt. Für ihn und seine 24 Mitstreiter*innen ist klar: Die Klimakrise ist auch eine Gesellschaftskrise. Sie ist eine Bankrotterklärung des herkömmlichen ökonomischen Denkens und erfordert deshalb eine grundlegende Neuausrichtung des Faches.
Wirtschaft, die nur mit einem grünen Etikett versehen ist, wird lediglich die Symptome der Krise bekämpfen und keine nachhaltige Veränderung erwirken. Zu lange haben Gewinnstreben um jeden Preis und zügellose Privatisierung den ökonomischen Mainstream bestimmt. Zu oft wurden wichtige Institutionen wie das Bildungs- und Gesundheitswesen auf Kosten der Ärmsten in Anrufung „des Marktes“ auf Effizienz reduziert. Absicht oder nicht – hier trägt die Wirtschaftswissenschaft eine Mitschuld. Zeit also für die Wirtschaftswissenschaften, die Gebetsmühle aus Effizienz und Eigennutz zu zerschlagen und gemeinsam mit der Gesellschaft neue Visionen für eine bessere Welt aufzuzeigen.
Ausnahmen offenlegen, Perspektiven erweitern
Economists4future müssen ein neues Selbstbild entwickeln – als Gesellschaftswissenschaftler*innen, die helfen, neue Zukünfte vorzustellen und zu gestalten. Denn: Ökonomie muss sich als Dienst an der Gesellschaft verstehen und es sich zum Ziel machen, zu einem besseren Leben zu befähigen. Dieser Kurswechsel benötigt einen reflektierten und begründeten Fahrplan und die Wiederentdeckung offener Diskussionen über die reale Vielfalt möglicher Alternativen zum Status quo.
Anhand von fünf Prinzipien skizzieren die Autor*innen ihre neuen Ansätze für Lehre, Forschung und den gesellschaftlichen Dialog. Eine Überzeugung, die von dem Streben nach Befähigung, Diversität und Nachhaltigkeit angetrieben wird. So entwirft diese Gruppe aus Weiterdenker*innen einen neuen Typus der Wirtschaftswissenschaft, mischt sich in die jetzt notwendige Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft ein – und verändert damit selbstverständlich geglaubte Spielregeln.
economists4future
von Lars Hochmann (Hrsg.)
Murmann Verlag (1. Auflage, August 2020)
34 Euro (D) | 35 Euro (A)
ISBN: 978-3-86774-653-3