Ein schwerhöriger Kapitän gilt als berufsunfähig, selbst wenn ein Hörgerät seine Einschränkung ausgleichen könnte. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung des Kapitäns eine Rente zahlen muss.
Der Mann war 2019 vom seeärztlichen Dienst seiner Dienststelle für seedienstuntauglich erklärt worden. Bis dahin hatte er als Kapitän eines Containerschiffs gearbeitet. Wegen Schwerhörigkeit auf beiden Ohren hätte er ein Hörgerät tragen müssen. Doch die Maritime-Medizin-Verordnung verbietet Besatzungsmitglieder:innen im Decksdienst das Tragen von Hörhilfen. Der seeärztliche Dienst stufte ihn daher als untauglich ein.
- Berufskrankheit: Krebs bei Ex-Raucher Berufskrankheit
- Berufskrankheit: Hautkrebs bei Polizist keine Berufskrankheit
- Psychische Erkrankungen Hauptursache für Berufsunfähigkeit
- IG Metall fordert, Burnout als Berufskrankheit anzuerkennen
Daraufhin beantragte der Kapitän Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Versicherung lehnte ab und argumentierte, ein Hörgerät könne die Schwerhörigkeit ausgleichen. Eine erste Klage des Kapitäns scheiterte vor dem Frankfurter Landgericht.
Urteil noch nicht rechtskräftig
In der Berufung gab das Oberlandesgericht dem Kapitän recht. Laut Versicherungsbedingungen sei er aufgrund “Kräfteverfalls dauerhaft und vollständig berufsunfähig”. Seine Schwerhörigkeit mache es ihm unmöglich, weiter als Kapitän im Decksdienst zu arbeiten.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Versicherung kann Beschwerde einlegen, um eine Revision zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe zu erreichen. Sollte der Fall vor dem Bundesgerichtshof landen, könnte er grundsätzliche Bedeutung für die Berufsunfähigkeitsversicherung von Besatzungsmitglieder:innen im Decksdienst erlangen.
Besondere Berufsanforderungen
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts könnte weitreichende Folgen für die Versicherungsbranche und die maritime Medizin haben. Expert:innen erwarten, dass ähnliche Fälle zunehmen, da die strengen Anforderungen an die Seediensttauglichkeit viele Besatzungsmitglieder:innen im Laufe ihrer Karriere vor Probleme stellen.
Der Fall verdeutlicht, wie wichtig es ist, die besonderen Anforderungen bestimmter Berufe bei der Bewertung von Berufsunfähigkeit zu berücksichtigen. Die Maritime-Medizin-Verordnung verbietet Hörhilfen im Decksdienst, um die Sicherheit an Bord zu gewährleisten. Dies kann jedoch zu Konflikten mit den Versicherungsbedingungen führen, wie der aktuelle Fall zeigt.
Wir übernehmen keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Rechtsinhalte. Insbesondere ersetzten die Beiträge grundsätzlich nicht eine fachkundige Rechtsberatung.