2026 verhandeln die Gewerkschaften über die Arbeitsbedingungen von zehn Millionen Menschen. Doch viele Forderungen sind noch unklar – was kommt auf Beschäftigte und Bürger:innen zu?
Deutschlands Arbeitsmarkt steht 2026 vor einer Tarifrunde der Superlative: Die Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) planen Verhandlungen, die rund zehn Millionen Beschäftigte betreffen. Das WSI-Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung hat diese Zahl errechnet. Zum Vergleich: 2025 ging es nur um etwa 6,3 Millionen Arbeitsverhältnisse. Die bevorstehenden Gespräche werden nicht nur für die Beschäftigten, sondern auch für die Wirtschaft und viele Bürger:innen von großer Bedeutung sein.
Bisher haben nur wenige Branchen konkrete Forderungen formuliert. Streiks sind daher noch nicht absehbar. Dennoch bereiten sich Unternehmen und Verbraucher auf mögliche Warnstreiks vor. Besonders im öffentlichen Dienst und bei der Bahn, wo Konflikte in der Vergangenheit oft eskalierten, könnte es wieder zu Auseinandersetzungen kommen.
Bahnstreiks wahrscheinlich
Den Auftakt macht die Gewerkschaft Verdi mit den Verhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder. Verdi fordert sieben Prozent mehr Lohn, mindestens jedoch 300 Euro pro Monat, vor allem für die unteren Gehaltsgruppen. Hessen verhandelt wie üblich separat. Im Februar folgt die Chemie- und Pharmaindustrie als erste große Industriebranche.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf den Verhandlungen bei der Deutschen Bahn AG. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) verlangt acht Prozent mehr Lohn für Lokführer:innen und verwandte Berufe. Die Friedenspflicht, die Streiks verbietet, endet im Februar. Die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) wird erst Ende 2027 wieder verhandeln.
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IG Metall setzt auf Mitgliederbonus
Die größte Tarifrunde betrifft die Metall- und Elektroindustrie. Hier stehen die Arbeitsbedingungen von 3,7 Millionen Beschäftigten auf dem Prüfstand – darunter Schlüsselbranchen wie die Automobilindustrie, der Maschinenbau und die Metallverarbeitung. Die IG Metall plant, erstmals einen Bonus nur für ihre Mitglieder:innen zu fordern, um die Gewerkschaftsbindung zu stärken.
Obwohl Tarifverträge formal nur für Gewerkschaftsmitglieder:innen gelten, wenden viele Arbeitgeber die Ergebnisse auf die gesamte Belegschaft an. Doch laut einer aktuellen Erhebung arbeitet weniger als die Hälfte der Beschäftigten in tarifgebundenen Betrieben. Damit geht es in den Verhandlungen nicht nur um Löhne, sondern auch um die Zukunft der Tarifbindung. Das Tarifjahr 2026 verspricht Spannung – mit möglichen Auswirkungen, die weit über einzelne Branchen hinausreichen.

