Sparen? Ist für viele Frauen nicht drin

Frau sitzt nur vom Rechnerlicht beleuchtet vor Monitor

96 Prozent der Frauen wünschen sich finanzielle Eigenständigkeit – aber die Mehrheit kann sich nicht mal eine Altersvorsorge leisten. Was läuft da schief?

In wenigen Tagen ist es wieder so weit: Am 8. März begehen Frauen (und Männer) auf der ganzen Welt den Internationalen Frauentag. Am Weltfrauentag, der seit 1911 begangen wird, gedanken Aktionistinnen und Aktionisten in allen Ländern, dass Männer und Frauen immer noch nicht ganz gleichberechtigt sind.

Auch in Deutschland steht es mit der Gleichberechtigung nicht so gut. Sie ist sogar etwas schlechter geworden. Ja, wirklich – das hat das Weltwirtschaftsforum (WEF) in seinem jährlich erscheinenden Gender Gap Report festgestellt. Und nicht nur in Deutschland hat sich die Sache mit den gleichen Rechten und gleichen Chancen für beide Geschlechter verschlechtert – weltweit sind die Unterschiede wieder größer geworden. Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen, bezogen auf wirtschaftliche Chancen, sind dem Bericht zufolge so groß wie seit 2008 nicht mehr. Deutschland kommt mit rund 76 Prozent auf Platz 13 der Gesamtwertung. Zum Vergleich: Im Jahr 2006 – als das WEF insgesamt 115 Länder untersuchte – kam Deutschland noch auf Rang 5.

Das liebe Geld…

Hierzulande wird nicht zuletzt seit der Debatte um das Lohngerechtigkeitsgesetz sehr viel über die finanzielle Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen gesprochen. Nicht nur kündigt sich ein Wahlkampf 2017 zum Thema Gerechtigkeit an, auch über das Rentensystem und die Gefahr der Altersarmut wird viel diskutiert. Sie betrifft aber vor allem Frauen, immerhin beträgt die Rentenlücke zwischen den Geschlechtern 57 Prozent und sie wird voraussichtlich sogar weiter steigen. Das Thema Geld ist für die Deutschen ohnehin ein sensibles. Insofern ist es nur richtig, dass die eklatanten Unterschiede bei Einkommen, Vermögen und Renten zwischen Männern und Frauen endlich in einer breiteren gesellschaftlichen Diskussion reflektiert werden.

Da wäre zum einen der ziemlich hässliche Gender Pay Gap – die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern, die weiterhin bei 21 Proezent (unbereinigt) und sieben Prozent (bereinigt) liegt. Am 18. März findet übrigens auch der Equal Pay Day statt, der sich diesem Thema widmet. Da wäre die schon genannte Rentenlücke zwischen Männern und Frauen. Und Statistiken zeigen auch: Frauen besitzen deutlich weniger Vermögen als Männer – also Immobilien und Aktien oder Unternehmenswerte. Natürlich hängt der geringere Vermögensbesitz auch mit dem geringeren Einkommen und der schlechteren Bezahlung zusammen.

Frauen fehlen weiterhin in Spitzenpositionen

Darüber hinaus sind Frauen weiterhin dramatisch in Führungspositionen unterrepräsentiert. Auch wenn es seit 2016 eine Quote für das Minderheitengeschlecht für die Aufsichtsräte der börsennotierten Unternehmen gibt: Das reicht bei weitem nicht aus, um Frauen stärker in Entscheidungs- und Führungspositionen und somit in besser bezahlte Josb zu bringen. Nach wie vor sind vor allem auf C-Level-Ebene die allermeisten Positionen fest in männlicher Hand. Aber gerade hier wird das große Geld verdient. 1991 verdienten Konzernlenker laut einer aktuellen Studie noch das 28-Fache eines durchschnittlichen Arbeitnehmers, heute ist es das 83-Fache.

Natürlich kann nicht jede Frau Spitzenmanagerin werden. Die meisten wollen es auch gar nicht. Was die Frauen in Deutschland aber wollen, das ist finanzielle Eigenständigkeit. Laut einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB) wollen 96 Prozent der Frauen wirtschaftlich unabhängig von ihrem Partner und dem Staat sein. Aber das schaffen bei weitem nicht alle.

Da wären etwa die 1,6 Millionen Alleinerziehenden. 90 Prozent davon sind Frauen. Sie sind besonders von Armut bedroht. Und der Hauptgrund für den sozialen Abstieg von Alleinerziehenden ist der nicht gezahlte Kindesunterhalt. Nach Angaben des Bundesverbandes alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) erhalten 75 Prozent der Kinder mit Anspruch auf Unterhalt diesen gar nicht oder nur in unzureichender Höhe. Familien mit nur einem Elternteil haben mit rund 42 Prozent das größte Armutsrisiko aller Familienformen und das, obwohl die Erwerbstätigkeit alleinerziehender Frauen hoch ist und weiter steigt.

Armutsrisiko alleinerziehend

Da wären die 2,5 Millionen Minijobberinnen und Minijobber, von denen die allermeisten Frauen sind – verheiratete Frauen mit Kindern. Oft sind es normale Angestellte und Arbeiterinnen, die sich aufgrund der mangelnden Vereinbarkeit von Familie und Beruf für diese Form der Arbeit entschieden haben. Begünstigt durch das Ehegattensplitting und die kostenlose Familienversicherung. Das mag für die Lebenssituation als Familie mit Kindern im betreuungsintensiven Alter eine vernünftige Entscheidung sein. Für die finanzielle Unabhängigkeit ist diese Entscheidung allerdings langfristig fatal. Denn als Minijobberin, die viele Jahre mit einer vollzeitnahen oder tatsächlich Vollzeit-Erwerbstätigkeit aussetzt, erwirbt man nur sehr wenig Rentenansprüche. Diese werden auch die die Rentenpunkte für Kindererziehungszeiten nicht kompensiert. Und scheitert die Ehe, dann steht die Frau in der Regel vor dem finanziellen Ruin. Denn seit der Unterhaltsrechtsreform von 2008 steht dem Expartner kein Unterhalt mehr zu, auch wenn er für die Familie jahrelang im Beruf ausgesetzt hat und sich maßgeblich um die Kindererziehung und den Haushalte gekümmert hat.

Und so verwundert es nicht, dass zwei Drittel aller erwerbsfähigen Frauen gar kein Geld hat für eine Altersvorsorge. Das hat die Sozialwissenschaftlerin Irene Pimminger 2012 festgestellt. Mehr noch: Jede dritte Frau zwischen 25 und 60 Jahren verdient nicht genug, um ihre unmittelbare Existenz in einem Monat abzudecken. Wie da Geld für Altersvorsorge und Vermögensaufbau über bleiben soll – völlig unklar.

Gleichwertige Arbeit muss gleich bezahlt werden

Und so ist es wichtig, dass das Thema Frauen, Geld und wirtschaftliche Unabhängigkeit zentrales Thema in der Gleichberechtigungsdebatte wird. Damit zum einen Fälle wie der von Birte Meier – eine ZDF-Reporterin, die gegen die unfaire Bezahlung klagte und erst kürzlich vor Gericht unterlag – nicht mehr vorkommen. Damit zum anderen politisch und gesetzgeberisch die richtigen Maßnahmen ergriffen werden. Das Entgeltgleichheitsgesetz oder auch das geplante Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit sind richtige Leitplanken, sie gehen nur noch nicht weit genug. Noch wichtiger wäre tatsächlich ein Anspruch auf gleiche Bezahlung, ebenso wie Tarifverträge, die Männer und Frauenarbeit gleichwertig bezahlen. Denn nach wie vor ist nicht einzusehen, warum eine Altenpflegerin, die immerhin Verantwortung für Menschenleben hat, schlecher bezahlt wird als ein Müllmann?

Am Ende ist finanzielle und wirtschaftliche Unabhängigkeit auch Sache einer jeden Frau selbst. Dazu gehört die richtige Partnerwahl. Und die richtige Berufswahl. Und es gehört Aufklärung dazu. Das DGB-Projekt Was verdient die Frau will hier vor allem junge Frauen aufklären – damit sie die richtigen Entscheidungen treffen.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.

Kommentare

  • Hallo “Chefin”
    da ich zur Zeit krank bin und mein bein gar nicht belasten darf und ich zu müde zum Lesen bin, schaue ich viel Trash TV. Auffällig ist hier wirklich, welches Frauenbild hier verkauft wird. Die meisten Frauen sind Hausfrauen und Fachverkäuferinnen. Das sind tolle Jobs – würde mir nur wünschen, dass dort auch gezeigt wird, dass Frauen sich alles zutrauen können.
    Liebe Grüße
    Gabriele

  • Danke sehr für diesen Beitrag und die vielen Anhaltspunkte. Sehr richtig! Aufklärung ist enorm wichtig: keiner sagt dies in aller Deutlichkeit, weder in der Schule noch in der Ausbildung. Unsere Gesellschaft tickt nach dem Muster männlicher Vorstellungen. Idiotisch nur: all dies ist schon seit über 100 Jahren in der Diskussion – gerade lese ich die Geschichte der Frauenbewegung. Was tun?

  • Super Beitrag! Es ist erschreckend, dass sich auch nach Jahrzehnten nach der Frauenbewegung nichts getan hat. Woran liegst? Aus eigener Erfahrung mit 30 jähriger Soloselbstständigkeit und Erziehung einer bereits erwachsenen Tochter und zusätzlichem ehrenamtlichen Engagement in einem Netzwerk für Frauen im Design kann ich nur feststellen, dass die Frauen selbst – und zwar jede einzelne – für ihr Recht auf entsprechende Entlohnung kämpfen muss. Die Gesellschaft und Politik weiß zwar um diesen Misstand, aber im Berufsalltag steht jede Frau allein vor dieser Herausforderung. Viele Frauen tappen leicht bei der Familiengründung in die Mütterfalle und lassen den Mann durcharbeiten, da er ja angeblich den besser bezahlten Job hat. Durch späten oder reduzierten Wiedereinstieg, kann Frau dann gar keine attraktive Vorsorge fürs Alter betreiben. Das würde einem Mann gar nicht einfallen, darauf wegen der Kindererziehung zu verzichten. Also junge Frauen, macht mit den Vätern eurer Kinder gleich bei der Familienplanung eine Vereinbarung, wie es zu laufen hat! Fordert es von den Männern täglich ein! Ja es ist anstrengend und auch nicht immer witzig im Familienalltag um so etwas zu streiten, aber es lohnt sich! Ich habe als Soloselbstständige Anfang der 90er Jahre gar kein Erziehungsgeld bekommen, geschweige denn Elternzeit, ich habe meine Freiberuflichkeit immer von Anfang an eingefordert und mein wenig verdientes Geld an eine Tagesmutter weitergegeben, nur um im Beruf drin zu bleiben und vor allem mich dort weiterentwickeln zu können. Hätte ich das nicht gemacht, wäre ich jetzt wirtschaftlich total abhängig von meinem Mann. Mein Credo heisst immer: Am Ende des Tages kämpft jede Frau für sich allein! In diesem Sinne kann ich allen Frauen nur Mut machen

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