Immer weniger Beschäftigte arbeiten unter tariflichen Bedingungen – obwohl der Arbeitsmarkt brummt. Oder vielleicht gerade deswegen?
Auf dem Jobmarkt werden Arbeitskräfte zur Mangelware, Beschäftigte können mittlerweile die Bedingungen bestimmen. Einen Tarifvertrag braucht man da vielleicht nicht unbedingt. Das zeigt jedenfalls die Pflegebranche, wo der Mangel mittlerweile so enorm ist, dass Unternehmen freiwillig Tariflöhne zahlen. Wenngleich in den letzten Jahren auch politischer Druck für einheitliche Standards gesorgt hat.
Nun stellt eine aktuelle Studie fest, dass die Tarifbindung generell im vergangenen Jahr weiter an Bedeutung verloren hat. 2022 arbeiteten insgesamt 41 Prozent der Beschäftigten in Betrieben mit Branchentarifvertrag. 2021 und 2020 lag die Tarifbindung noch zwei Prozentpunkte höher, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) jüngst mitteilte. Ferner ist die betriebliche Mitbestimmung seit Jahren “tendenziell rückläufig”.
Im öffentlichen Dienst bleibt Tarifbindung bestehen
Im Westen sank der Anteil der Beschäftigten in tarifgebundenen Betrieben im Vergleich zur ersten Erhebung des IAB im Jahr 1996 gar um 26 Prozentpunkte. Derzeit haben im Westen 43 Prozent der Beschäftigten Tarifverträge, im Osten ging der Wert um 23 Prozentpunkte auf heute 33 Prozent zurück. Zu erklären ist das der Studie zufolge vor allem mit weniger tariflicher Bindung in der Privatwirtschaft.
1996 haben insgesamt noch 54 Prozent der Beschäftigten in Betrieben mit gesetzlich verankerten Formen der betrieblichen Mitbestimmung gearbeitet. Gut 40 Prozent der Menschen betätigten sich im vergangenen Jahr in Betreiben, die weder tarifgebunden waren, noch über eine betriebliche Mitbestimmung verfügten.