Zu mehr Selbstvertrauen kommt man nicht in drei Minuten. Dazu braucht es Zeit, Energie und praktisches Handwerkszeug, weiß die Psychologin Eva Wlodarek.
Männer sind zwar nicht weniger unsicher als Frauen, sie gehen aber anders mit mangelndem Selbstvertrauen um. Sie kompensieren ihre Unsicherheit mit forschem Auftreten. Sie lassen sich nicht von ihren Selbstzweifeln ausbremsen, sondern halten sich prinzipiell für fähig – ob es nun zutrifft oder nicht, weiß die Psychologin Eva Wlodarek.
Die weibliche Sozialisation hingegen führt zu einem anderen Verhalten: Frauen sind mit sich besonders kritisch, streben nach perfektionistischer Bestleistung und betrachten sich erst als geeignet, wenn sie jahrelange Erfahrungen vorweisen können. Nicht wenige Frauen fühlen sich im Rampenlicht eher unwohl. Ein Grund: Frauen sind im Gegensatz zu Männern mehr an der Sache als an Selbstdarstellung interessiert.
Frauen haben es selbst in der Hand
Um hier etwas zu verändern, brauchen Frauen eine eigene Anleitung und spezielles Know-how, ist Wlodarek überzeugt. Um wirklich mehr Selbstvertrauen zu erlangen, muss man an die Wurzel des Übels und überholte Muster auflösen. Nur so kann echtes Selbstvertrauen aufgebaut werden.
Dazu gehört, der inneren Kritikerin den Mund zu verbieten, verunsichernde Schlüsselreize zu löschen und Perfektionismus abzubauen. Dafür aber braucht es Zeit und praktisches Handwerkszeug. Der Aufwand lohnt sich jedoch, denn so erhöhen Frauen unter anderem ihre Fähigkeit, sich durchzusetzen – auch in einer von Männern dominierenden Umgebung: Klar zu fordern, was sie haben wollen. Nein zu sagen und Grenzen zu ziehen. Mit Kränkungen souverän umzugehen. Gute Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Und wirkungsvoll öffentlich aufzutreten.
Scharlatan-Syndrom bekämpfen
Warum unterschätzen sich viele Frauen? Warum haben sie diesen festen Blick auf die eigenen Lücken, Mängel und Schwächen? Warum fühlen sie sich gegenüber der Umwelt manchmal wie Betrügerinnen? Denn vorzuweisen haben die meisten Frauen viel.
Leider neigen die meisten dazu, ihren Erfolg nur zu einem kleinen Teil auf die eigenen Anstrengungen zurückzuführen. Ihre Erklärungen für ihre Verdienste klingen dann in etwa so: Da habe ich Glück gehabt. Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Mein Chef mochte mich und hat mich großzügig gefördert. Das lag mir halt, weiß Wlodarek aus ihrer Praxis zu berichten.
Diese Einstellung hat einen Namen: das Scharlatan-Syndrom. Es gibt vor, ein bestimmtes Wissen oder eine bestimmte Fähigkeit zu besitzen, und andere damit täuscht. Hier aber glauben die betroffenen Frauen, dass sie ihrer Umgebung etwas vormachen, ohne dass es tatsächlich der Fall ist. Frauen, die darunter leiden, verhalten sich oft nach der Devise: Ich bin nicht gut genug, und das darf niemand wissen.
Frauen erkennen die eigene Größe nicht
Bei manchen Frauen zeigt sich die innere Unsicherheit nicht durchgängig. Sie fühlen sich durchaus als Herrin der Lage und agieren selbstsicher. Erst bei ungewohnten Herausforderungen oder wenn ein wunder Punkt berührt wird, kommt das mangelnde Selbstvertrauen zum Vorschein.
Diese unterschiedlichen Erscheinungsformen des Scharlatan-Syndroms haben den gleichen Hintergrund: Frauen erkennen die eigene Größe nicht. Sie ignorieren ihre Einzigartigkeit und Schönheit.
Was können Frauen nun tun? Sie sollten Glauben, dass sie fähig, begabt und kompetent sind. Auch wenn man längst nicht alles weiß und kann! Sie sollten sich selbst vertrauen, dass sie wertvoll sind und Respekt verdienen – und zwar von jedem.