Eine aktuelle Studie zeigt, warum die Krisenstimmung die notwendige Transformation in deutschen Unternehmen bremst und Zuversicht in Krisenzeiten zur Führungsaufgabe wird.
Die Studie „In ungewissen Zeiten: Zuversicht und die veränderte Rolle von Führung im Unternehmenskontext“ von Next Work Innovation (NWI) und Netzwert verdeutlicht: Die allgemeine Krisenstimmung prägt den Arbeitsalltag, selbst wenn das eigene Unternehmen nicht direkt betroffen ist. Das Studienteam untersuchte, wie sich das Sicherheitsempfinden am Arbeitsplatz verändert und ob ein Bedürfnis nach autoritärer Führung entsteht. Welche Rolle spielt Zuversicht dabei?
49 Prozent der Befragten bestätigen die Krisenstimmung in ihren Unternehmen, obwohl nur 36 Prozent ihr Unternehmen in einer Krise sehen. Führungskräften (56 Prozent) und Mitarbeitende (44 Prozent) bewerten ihre Sicherheit am Arbeitsplatz umso niedriger, je stärker sie die Krisenstimmung empfinden, unabhängig von der tatsächlichen Betroffenheit. 62 Prozent der Befragten (31 Prozent ja, 31 Prozent teils teils) meinen, dass es in Krisenzeiten autoritäre Führung braucht. Die Bedürfnisse von Mitarbeitenden und Führungskräften unterscheiden sich jedoch: Mitarbeitende verlangen mehr Struktur und Regeln, Führungskräfte autoritäre Führung (Strong Leadership).
Viele Unternehmen und Führungskräfte greifen auf alte Erfolgsmuster zurück
Das Studienteam schießt daraus, dass Führungskräfte autoritäre Führung mit Sicherheit am Arbeitsplatz verbinden. Mitarbeitende hingegen sehen in klaren Strukturen und Regeln einen Weg, ihre Sicherheit in unsicheren Zeiten zu erhöhen. Die Bedürfnisse von Führungskräften und Mitarbeitenden klaffen in Krisenzeiten auseinander: Autoritäre Führung passt nicht zur Diagnose.
Viele Unternehmen und Führungskräfte greifen auf alte Erfolgsmuster wie Restrukturierung, Kostensenkung und aktionistisches Delegieren zurück. Diese Maßnahmen erfüllen die Bedürfnisse der Mitarbeitenden nach klaren Strukturen nicht. Stattdessen schränken sie den Entscheidungsspielraum der Mitarbeitenden ein und mindern deren Selbstwirksamkeit – eine wichtige Voraussetzung für Krisenbewältigung. Dies kann zu einem Gefühl der Ohnmacht führen, ähnlich wie in einer Gesellschaft, die sich von Institutionen abwendet – der schlechteste Modus zur Krisenbewältigung.
Wie werden Unternehmen krisenfest und wie gelingt die Transformation?
Krisenmanagement erfordert andere Kompetenzen als die qualitative Transformation von Organisationen. In der aktuellen Gleichzeitigkeit von Krise und Transformationsbedarf müssen Management und Führungskräfte Effizienzsteigerung und Organisationsentwicklung vereinen. Krisen und Ungewissheit werden Unternehmen auch künftig begleiten und dürfen nicht mehr als Ausnahme behandelt werden. Es gilt, mit Krisen jenseits von Ad-hoc-Sparprogrammen und klassischen Restrukturierungen umzugehen und resiliente Organisationen aufzubauen. Dafür braucht es strukturelle Veränderungen, klare Transformationsziele und ein transformatives Verständnis von Management und Führung.
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Die Studie zeigt, dass Führungskräfte in Krisen oft zu autoritärer Führung neigen. Das mag für klassische Restrukturierungen funktionieren, macht die Organisation aber nicht leistungsfähiger oder resilienter. Für qualitative Transformation ist autoritäre Führung ungeeignet. Change auf Ansage hat noch nie funktioniert.
An der Studie „Zuversicht und die veränderte Rolle von Führung in ungewissen Zeiten im Unternehmenskontext“ nahmen zwischen dem 6. und dem 30. Juni 2024 insgesamt 1.044 Personen teil, davon 418 Führungskräfte inkl. Top-Management und 626 Mitarbeitende. Die Unternehmensgrößen reichen von zehn bis über 10.000 Mitarbeitenden und verteilen sich auf 22 Branchen. Der Beschäftigtenstatus (1/3 Teilzeit und 2/3 Vollzeit) sowie die Geschlechterverteilung (50/50) sind nahezu repräsentativ.