„Führung ist eine Entscheidung“

Jessica Lackner

Führungskräfte stehen heute vor vielen Herausforderungen: Sie müssen die richtigen Mitarbeitenden für ihr Unternehmen gewinnen und diese dann zu maximaler Performance motivieren. Wie Führungskräfte erfolgreich Teams bilden, weiß Jessica Lackner.

Nach ihrer Ausbildung an der Tourismusschule Klessheim und einem Trainee-Programm im Hilton Hotel München übernahm Jessica Lackner mit gerade einmal 21 Jahren die Geschäftsführung der Gastronomie im Strandbad Berlin-Wannsee. Die wertvollen Erfahrungen dieser Zeit gibt die Trainerin heute an andere weiter. Dabei stellt sie immer die Menschen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Jüngst ist ihr Buch Fachkräftemangel oder Machkräftemangel? Warum Personalprobleme oft hausgemacht sind erschienen.

Wir sind der Wandel: Sie sagen, wir haben einen Fachkräftemangel, aber mehr noch einen größeren Machkräftemangel. Was meinen Sie damit?

Jessica Lackner: Viele Unternehmen beklagen sich darüber, keine Fachkräfte zu finden. Ich kann dieses Klagen aber nicht mehr hören. Denn es gibt in den Unternehmen Mitarbeitende, die über das Potenzial verfügen, eine Fachkraft zu werden. Sie sind allerdings nicht auf dem Radar der Führungskräfte und kommen dementsprechend nicht voran. Entweder, weil ihnen die entsprechende Ausbildung fehlt, oder weil sie als Quereinsteiger eingestiegen sind.

Daher müssen Führungskräfte nicht nur ihren Job gut machen, sondern auch in der Lage sein, diese Mitarbeitenden zu sehen und in ihre Kraft zu bringen. Das heißt, ihnen nicht nur entsprechende Ausbildungen zur Verfügung zu stellen, sondern sie auch ermutigen, diesen Weg zu gehen. Denn wer die Stärken und das Potenzial seiner Mitarbeitenden erkennt und fördert, kreiert die Macher von morgen.

Wir sind der Wandel: Wie können sich Führungskräfte diesen Blick aneignen?

Lackner: Führung ist eine Entscheidung. Deshalb sollten Menschen, die solch eine Position anstreben, sich auch ehrlich fragen, warum sie Führungskraft werden wollen, was ihr Leitbild ist und wie sie als Führungskraft sein wollen. Denn ein Führungsseminar allein macht aus einem Menschen noch lange keine gute Führungskraft. Die größte Herausforderung ist nämlich nicht, sich das Wissen über Methoden anzueignen, sondern das Anwenden der Methoden. Hilfreich können hier Sparringspartner oder Mentoren sein. Dazu aber, müssen Führungskräfte sich selbst intensiv reflektieren.

Wir sind der Wandel: Sie haben ein Programm entwickelt, das Führungskräfte auf ihrem Weg unterstützt. Wie funktioniert das?

Lackner: Bei unserem Machkräfteprogramm, was in der Regel über sechs Monate läuft, arbeiten wir intensiv an der Persönlichkeit der Führungskraft. Dabei gehen wir von innen nach außen. Das heißt, wir machen einen Reality-Check, fokussieren uns auf die eigene Persönlichkeit, das eigene Leitbild und Wertesystem: Wie sehe ich mich als Führungskraft? Und wie sollen andere mich sehen?

“Vielen Führungskräften fehlt leider der Mut”

Nach dieser Reflexionsphase, die bis zu sechs Wochen dauern kann, folgt ein Coaching-Tag sowie das Treffen mit der Mentee-Gruppe (sofern es kein Einzelcoaching ist). Beim Coaching übernehme ich die Rolle des Sparringspartners: Welche Methoden beherrscht die Führungskraft? Und sind diese alltagstauglich? Gegebenenfalls gebe ich der Führungskraft Methoden an die Hand, die zu ihrer Persönlichkeit passen. Wichtig ist dabei, herauszufiltern, was zur Führungskraft und ihrem Unternehmen passt.


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Wir sind der Wandel: Was tun, wenn einer Führungskraft nicht sieht, dass sie Unterstützung benötigt?

Lackner: Vielen Führungskräften fehlt leider der Mut. Sie stellen sich ihren Problemen oft erst, wenn der Leidensdruck von außen zu groß wird. Wenn also Kunden, Mitarbeitende oder Vorgesetzte sie fordern.

Wer partout den Bedarf nicht sehen möchte, wird mit meinem oder auch anderen Programmen eh nicht erfolgreich transformieren. Wir sehen aktuell in Branchen wie der Gastronomie und Hotellerie, dass viele aufgrund der Jobunsicherheit aus ihren Jobs fliehen. Wer hier ausschließlich auf Fachkräfte setzt, wird gegen Windmühlen kämpfen. Deshalb rate ich allen Unternehmen, die Fachkräfte suchen, schaut euch in euren Betrieben um. Viele Mitarbeitende verfügen über das notwendige Potenzial, es muss „nur“ entdeckt und gefördert werden. Die Corona-Krise hat die Jobflucht übrigens auch in anderen Branchen beschleunigt. Viele haben jetzt die Zeit und Muße, innezuhalten und darüber nachzudenken, was noch kommen könnte. Oder endlich die Zeit, die Idee, die schon lange in einem schlummert, endlich voranzutreiben.

Wir sind der Wandel: Wie können Führungskräfte das Potenzial ihrer Mitarbeitenden entfalten?

Lackner: Indem sie sich wirklich mit ihnen auseinandersetzen und schauen, wer welche Stärken hat, wer sich für welche Bereiche interessiert und warum. Weil das aber anstrengend ist, widmen sich viele Führungskräfte dem nicht. Dabei rechnet sich diese Anstrengung doppelt: Zum einen zieht sich das Unternehmen so notwendige Fachkräfte heran. Zum anderen werden Mitarbeitende so zu Markenbotschaftern – was wiederum neue Fachkräfte anlockt.

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Sabine Hockling

Die Chefredakteurin Sabine Hockling hat WIR SIND DER WANDEL ins Leben gerufen. Die Wirtschaftsjournalistin und SPIEGEL-Bestsellerautorin beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Veränderungen unserer Arbeitswelt. Als Autorin, Herausgeberin und Ghostwriterin veröffentlicht sie regelmäßig Sachbücher – seit 2023 in dem von ihr gegründeten DIE RATGEBER VERLAG.