In vielen Unternehmen sind sie die stillen Helden im Hintergrund: Middle Manager. Doch welche entscheidende Rolle spielen sie wirklich?
Ein Gastbeitrag von Ursula Vranken
Neue Technologien, Generationswechsel, Krisen und Kriege – inmitten dieser Unsicherheiten müssen Führungskräfte den Kurs halten. Besonders betroffen sind die Middle Manager. Sie stehen im Fokus des Topmanagements, der Kund:innen und der Belegschaft, wenn es darum geht, Veränderungen voranzutreiben.
Doch bei vielen wächst die Frustration. Hinter vorgehaltener Hand klagen sie: „Wir geben alles für die Firma und die Kund:innen, aber niemand zieht mit. Wir bleiben auf der Arbeit sitzen, machen Überstunden, und wenn etwas schiefläuft, sind wir die Sündenböcke – während unsere Mitarbeitenden längst im Feierabend sind.“
Middle Manager: Möglichmacher statt Lähmschicht
Middle Manager tragen immense Verantwortung, doch Anerkennung bleibt oft aus. Amazon kündigte in diesem Jahr drastische Stellenstreichungen an – nicht bei den „einfachen“ Angestellten, sondern in der mittleren Führungsebene. Schon 2011 prophezeite die Harvard Business Review „das Ende des Mittelmanagements“. Medien bezeichnen Middle Manager gar als „Lähmschicht“, als bürokratische Altlast. Dabei ist das Gegenteil wahr: In Deutschland steigt die Nachfrage nach Führungskräften in der mittleren Ebene. Kein Wunder, denn sie bringen die Erfahrungen und das Führungsverständnis mit, die für Transformationen unverzichtbar sind.
Middle Manager übersetzen strategische Visionen in greifbare Ergebnisse. Sie agieren als Bindeglied, Impulsgeber, Coach und Motivator. Zwischen den Ansprüchen des Topmanagements und den Erwartungen der Mitarbeitenden halten sie die Balance, sichern Produktivität, Qualität und Kundenzufriedenheit. Sie sind die stillen Helden, die Belegschaften durch stürmische Zeiten führen.
- Die Bedeutung des mittleren Managements für Unternehmensstabilität und Transformation
- Mittelmanager – Agenten des Wandels
- Beschleunigung überfordert das Management
- Große Distanz zwischen Management und Beschäftigten
Was Middle Manager brauchen, um erfolgreich zu sein
Um diese Schlüsselrolle auszufüllen, brauchen Middle Manager Anerkennung, Unterstützung und Gehör. Unternehmen, die das bislang versäumt haben, sollten dringend umdenken. Das mittlere Management muss als strategischer Faktor begriffen und eingebunden werden. Die Führungsspitze sollte den Dialog mit dieser Ebene suchen und deren Feedback aktiv nutzen. Denn nicht jede Strategie lässt sich operativ umsetzen. Dafür braucht es Strukturen, die Middle Manager Raum und Befähigung geben.
Ursula Vranken berät seit über 20 Jahren Unternehmer, Vorstände und Führungskräfte bei Transformationen und der Gestaltung zukunftsfähiger Arbeitsorganisationen. Die Leadership-Expertin inspiriert Unternehmen und Manager, die in der digitalen Ära erfolgreich sein wollen.
Middle Manager selbst sollten ihre Einbindung in die strategische Planung einfordern und gezielte Weiterbildungen nutzen, um ihre Führungsfähigkeiten und ihr Verständnis für Unternehmensziele zu schärfen. Es ist erschreckend wie viele Führungskräfte seit Jahren im Job sind, ohne je eine Schulung in Kommunikation, Motivation oder Führungsinstrumenten erhalten zu haben. Niemand würde von Ärzt:innen oder Ingenieur:innen erwarten, ohne Ausbildung zu arbeiten – warum also von Führungskräften?
Unternehmen müssen in die Weiterbildung ihrer Middle Manager investieren. Diese brauchen Kompetenzen, die über das klassische Management hinausgehen. Wer heute führt, muss stärker auf die menschliche Seite setzen und die kommunikativen Aspekte der Rolle beherrschen. „Command and Control“ hat ausgedient – falls es je funktioniert hat. Statt Anweisungen zu erteilen, geht es darum, offen zu kommunizieren und Vertrauen zu schaffen. Wer sein Team begleitet, coacht und dessen Kreativität, Erfahrung und Wissen bündelt, kann Großes erreichen.