Endet ein Arbeitsverhältnis, hat jeder Beschäftigte Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis – unabhängig von der Art des Arbeitsverhältnisses. Die vom Arbeitgeber angewandte Zeugnissprache ist jedoch trügerisch und wird von vielen Mitarbeitenden oft verkannt.
Wer bei einer Bewerbung kein gutes Zeugnis vorlegen kann, hat schlechte Chancen. Und weil die vom Arbeitgeber angewandte Zeugnissprache trügerisch ist, ist es ratsam, wenn Beschäftigte ihr Zeugnis von einem Fachmann durchsehen lassen.
Beispiele für vermeintlich wohlklingende Formulierungen:
- “Greta H. widmet sich ihren Aufgaben mit besonderer Neigung.”
Im Klartext: Greta H. verzettelte sich und wurde nicht mit der Arbeit fertig. - “Hubertus K. bewies für die Belange der Belegschaft stets Einfühlungsvermögen.
Im Klartext: Huberts K. suchte Sexualkontakte bei Kollegen. - “Britta S. war als unumgängliche Beschäftigte bekannt.”
Im Klartext: Britta S. fiel ihren Kollegen mit ihrer Art auf den Wecker.
Auseinandersetzungen bei Bewertungen von Leistungen und Verhalten
Das Arbeitszeugnis soll Beschäftigte in ein gutes Licht stellen, damit ihnen der weitere beruflichen Weg nicht erschwert wird. Auch soll es ein Gesamtbild von der Persönlichkeit des Mitarbeitenden vermitteln. Bei den Formulierungen und der Wahl der Schwerpunkte für die Beurteilung sind Arbeitgeber allerdings frei. Dennoch müssen die inhaltlichen Angaben aber immer der Wahrheit entsprechen. Und obwohl sich die Leistungsbewertung eines Beschäftigten nach seinen konkreten Tätigkeiten richten muss, entstehen die meisten Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitenden bei der Bewertung von Leistungen und Verhalten.
Die wichtigste Aussage im Arbeitszeugnis ist die Gesamtbeurteilung:
- mit der Aussage “stets zu unserer vollsten Zufriedenheit” erhalten Mitarbeiter die Note sehr gut;
- mit “stets zu unserer vollen Zufriedenheit” gibt es die Note gut;
- entfällt bei der Aussage der Begriff “stets”, gibt es nur noch die Note befriedigend;
- fehlt dazu noch der Begriff “voll”, so signalisiert dies eine unterdurchschnittliche, aber noch ausreichende Leistung;
- mit der Formulierung “im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt” gibt es die Note mangelhaft;
- und die Aussage “bemühte sich, die ihm übertragenden Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erledigen” sagt aus, dass der Mitarbeiter eine völlig ungenügende Leistung erbrachte.
Auch in der abschließenden Leistungsbewertung hat sich eine spezielle Zeugnissprache herausgebildet. Daher ist Vorsicht geboten, wenn zum Beispiel Formulierungen wie “Seine umfangreiche Bildung machte ihn stets zu einem gesuchten Gesprächspartner” auftauchen. Das heißt nämlich nichts anderes als: “Er war geschwätzig und führte lange Privatgespräche.”
Noch während der Beschäftigung auf Zeugnisinhalt einigen
Entdecken Beschäftigte derartige Formulierungen, haben sie einen Anspruch auf Berichtigung. Dazu sollten sie zunächst mit ihrem Arbeitgeber Kontakt aufnehmen und ihre Änderungswünsche vortragen. Und sofern der Mitarbeitende nicht überzogene Vorstellungen äußert, sind Arbeitgeber in der Regel kompromissbereit. Führt das nicht zum Erfolg, kann zunächst ein anwaltliches Schreiben noch einmal den Berichtigungswunsch und -anspruch unterstreichen. Ist der Arbeitgeber dann immer noch nicht bereit, sollte der Beschäftigte gemeinsam mit seinem Rechtsbeistand überlegen, ob eine Zeugnisberichtigungsklage sinnvoll ist. Damit es gar nicht erst zu solchen Auseinandersetzungen kommt, ist es ratsam, sich noch während der Beschäftigung mit dem Arbeitgeber auf den Zeugnisinhalt zu einigen. Hilfreich ist auch, wenn Mitarbeitende ihre Vorstellungen als Entwurf einreichen.
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