Der vermeintliche Generationenkonflikt in Unternehmen scheint weniger ausgeprägt zu sein als angenommen. Doch welche Herausforderungen und Chancen ergeben sich aus der Altersdiversität am Arbeitsplatz?
Die Untersuchung „Generationendialog statt Generationenkonflikt: Erkenntnisse und Potenziale für die Arbeitswelt von morgen“ vom Charta der Vielfalt e. V. betont die Bedeutung dieser Zusammenarbeit für die moderne Arbeitswelt. Sie basiert auf dem Wettbewerb „Diversity Challenge“ und einem Netzwerk von Charta-Unterzeichnenden sowie externen Partner:innen. Die Studie bietet Einblicke in die Praxis von Diversity und zeigt, wie Unternehmen altersgemischte Teams erfolgreich einsetzen können.
Zwischen 2018 und 2023 nahmen etwa 1.890 junge Talente im Alter von 16 bis 27 Jahren an über 286 Projekten teil, die Themen wie interkulturelle Kompetenz und Respekt behandelten. Die Studie zieht aus diesen Projekten Erkenntnisse und gibt konkrete Empfehlungen für ein Generationenmanagement, das Wissensaustausch und Inklusion fördert.
Widerlegung des „Generationenkonflikts“
Die Studie zeigt, dass der Generationenkonflikt in Unternehmen geringer ist als oft berichtet. Während 71 Prozent der jungen Beschäftigten einen allgemeinen Konflikt vermuten, sehen nur 31 Prozent diesen in ihrem Unternehmen. Dies deutet darauf hin, dass Konflikte eher ein Medienphänomen sind. Unterschiedliche Rollen in Organisationen, die mit dem Alter variieren, können Konflikte auslösen. Gängige Generationsmodelle wie “Gen X, Y, Z” übersehen diesen Aspekt.
“Diverse Umgebungen finde ich angenehmer” (Teamleiter, 38 Jahre)
80 Prozent der Führungskräfte, deren Unternehmen die Charta der Vielfalt unterzeichnet haben, sehen Diversity als entscheidend. Sie berichten, dass Diversity-Maßnahmen Innovation und Kreativität fördern und die Arbeitgeberattraktivität stärken.
“Jüngere bringen neue Ideen mit, brennen, haben Energie, Dinge zu ändern. Bei älteren Kollegen kommt das aber sehr unterschiedlich an.” (Content-Manager, 24 Jahre)
Generationenspezifischer Wissenstransfer: Ein zentrales Ziel ist der Wissensaustausch zwischen Jung und Alt. Die Studie zeigt, dass der Transfers oft von “Alt zu Jung” verläuft. Junge Beschäftigte bringen kreative Impulse ein, doch es mangelt an strukturierten Maßnahmen für gezielten Wissenstransfer. Die Studie empfiehlt Mentoring-Programme und Reverse-Mentoring.
- Vielfalt und Inklusion in deutschen Start-ups noch ausbaufähig
- Deutschland wird vielfältiger
- Generation 50+ unverzichtbare Ressource
- Fünf Generationen bis zur Geschlechtergleichheit
- Vielfalt wird für den Geschäftserfolg immer bedeutender
Stärkung des sozialen Zusammenhalts
“Die Azubis in der jetzigen Firma müssen immer die gleichen Aufgaben machen. In der Zeit der Ausbildung könnten Sie schon mehr lernen, wenn man mehr Wert darauflegen würde.” (Maschinenführer, 28 Jahre alt)
Junge Mitarbeitende wünschen sich mehr Eigenverantwortung und klare Karrierewege. Dies steht im Gegensatz zur Wahrnehmung der Führungskräfte, die glauben, ausreichend Möglichkeiten zu bieten. Bessere Kommunikation und gezielte Förderung sind nötig.
“Diversity ist Voraussetzung für Arbeitgeber-Attraktivität und erleichtert, neue Märkte sowie neue Zielgruppen zu erschließen und stärkt den Zusammenhalt” (Elektroingenieur, 38 Jahre)
Altersdiversität stärkt den Teamzusammenhalt und die Identifikation mit dem Unternehmen. 62 Prozent der jungen Mitarbeitenden sehen Diversity als einen wichtigen Wert. Generationenübergreifende Projekte fördern das Gemeinschaftsgefühl. Organisationen profitieren, wenn sie in Programme investieren, die sozialen Austausch und Respekt fördern.
Das Förderprojekt erhielt Unterstützung vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Sven Lehmann, Parlamentarischer Staatssekretär im BMFSFJ, betont die Bedeutung des Generationenmanagements im Kontext von Diversity: „Diese Studie ist ein Kompass für alle, die heute Impulse für Veränderung setzen wollen und nach Handlungsansätzen suchen. Sie hilft, Diversity als transformative Kraft in der Arbeitswelt zu nutzen – damit sich die Vielfalt unserer Gesellschaft in Zukunft noch stärker in Arbeitsplätzen widerspiegelt.”
Ausblick: Best-Practice-Datenbank ab 2025 verfügbar
Ab Frühjahr 2025 wird eine öffentliche und kostenfreie Best-Practice-Datenbank veröffentlicht, die Fallbeispiele und Methoden für ein erfolgreiches Generationenmanagement bietet. Diese soll Unternehmen praxisnahe Orientierung bieten und nachhaltige Diversity-Maßnahmen unterstützen.
Die Charta der Vielfalt fördert in Unternehmen und Institutionen. Sie wurde 2006 von vier Unternehmen gegründet und wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Reem Alabali-Radovan, unterstützt.
Ziel ist es, Vielfalt in der Arbeitswelt zu fördern und ein vorurteilsfreies Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem alle Mitarbeitenden Wertschätzung erfahren, unabhängig von Alter, Herkunft, Geschlecht, Fähigkeiten, Religion, sexueller Orientierung und sozialer Herkunft.