Die Generation Z legt Wert auf eine gute Bezahlung, bei gleichzeitiger Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben. Aufgrund des demografischen Wandels sind sie mit ihrem Wunsch nach einer 4-Tage-Woche aktuell in einer sehr guten Verhandlungsposition. Die Entscheidung von Unternehmen sollte dabei dennoch auf Fakten basieren.
Viele Unternehmen und Beschäftigte treibt aktuell das Thema 4-Tage-Woche um. Einen Tag mehr Freizeit in der Woche ist für viele Beschäftigte mittlerweile äußerst attraktiv – vor allem nach den letzten Krisenjahren. Die jüngere Generation betont seit langem, dass es ein Umdenken geben muss: statt Arbeitszeit sollten Arbeitsergebnisse gemessen werden. Unterstützt durch KI können Beschäftigte produktiver werden. Unterstützung erhalten sie hier von Bill Gates. Der Microsoft-Gründer geht sogar noch einen Schritt weiter und bringt die 3-Tage-Woche ins Spiel.
Ob man nun für oder gegen die 4-Tage-Woche ist, ein Nachdenken über die Zukunft der Arbeit ist unumgänglich. Wer das kategorisch ablehnt und im Alten verharrt, ignoriert die Bedürfnisse von Mitarbeitenden nach der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, die nur durch flexible Arbeitszeiten erreicht werden kann. Und weil eine unzufriedene Belegschaft in der Regel zu Produktivitätseinbußen führt, ist die Auseinandersetzung mit neuen Arbeitszeitmodellen für Führungskräfte dringend erforderlich.
Ob die 4-Tage-Woche für ein Unternehmen funktioniert oder nicht, kann am Ende nur das Unternehmen selbst beantworten. Die Entscheidung darüber sollte dabei jedoch auf Fakten basieren – und nicht auf alten Glaubenssätzen.
Studien zum Thema
Die 4-Tage-Woche ist heiß begehrt (Umfrage der HDI-Versicherung)
4-Tage-Woche (Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung)
Ergebnisse der BAuA-Arbeitszeitbefragung 2021 (Arbeitszeitreport Deutschland)
The results are in: the UK’s four-day week pilot (Studie des Thinktanks Autonomy)
Going Public: Iceland’s Journey to a Shorter Working Week (Auswertung des Thinktanks Autonomy)
Die britische Studie der Initiative 4 Day Week Global
Die südafrikanische Studie der Initiative 4 Day Week Global
Die australische Studie der Initiative 4 Day Week Global
Die irische Studie der Initiative 4 Day Week Global
Die amerikanische und kanadische Studie der Initiative 4 Day Week Global
Modellprojekte und Länder
Gewerkschaften in ganz Europa fordern ihre Regierungen auf, die 4-Tage-Woche einzuführen. Einige Länder und Unternehmen haben die verkürzte Arbeitswoche bereits eingeführt, verschiedene Pilotprojekte laufen oder sind geplant.
Welche Länder die Idee bereits aufgegriffen haben und wo konkret Pilotprojekte laufen, zeigt diese Übersicht:
Belgien:
In Belgien trat das Gesetz am 21. November 2022 in Kraft. Seitdem können sich Beschäftigte für die 4- oder 5-Tage-Woche entscheiden. Das heißt allerdings nicht, dass sie weniger arbeiten. Sie verteilen ihre wöchentliche Arbeitszeit lediglich auf vier Tage. Möchten sie auch ihre Stundenzahl reduzieren, erfolgt das bei gleichzeitigem Gehaltsabzug.
Ziel ist laut dem belgischen Premierminister Alexander de Croo, einerseits den starren belgischen Arbeitsmarkt flexibler zu gestalten. Andererseits Beschäftigten die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu erleichtern.
Großbritannien:
61 britische Unternehmen und über 3.000 Beschäftigte haben in einem Modellversuch die 4-Tage-Woche getestet. Hier wurde die Arbeitszeit bei gleichbleibendem Gehalt reduziert. Das Ergebnis: Beschäftigte sind ausgeruhter, motivierter und fehlen deutlich seltener, was in vielen Fällen zu einer gestiegenen (mindestens aber gehaltenen) Produktivität geführt hat.
Von den 61 teilgenommenen Unternehmen behalten sechs Monate nach dem Start des Modells 56 die 4-Tage-Woche bei. Kritiker bemängeln hier die Übertragbarkeit, denn teilgenommen hätten hier Unternehmen, die bereits vorher ein starkes Interesse an einer Arbeitszeitverkürzung hatten.
Island:
Island führte von 2015 bis 2019 das weltweit größte Pilotprojekt durch: Statt einer 40-Stunden-Woche arbeiteten die rund 2.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer 35 bis 36 Stunden wöchentlich – ohne eine entsprechende Lohnkürzung.
Seit 2021 gibt es in Island ein Recht auf eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn – was in allen Arbeitsverträgen verankert ist. Fast 90 Prozent der Beschäftigten haben mittlerweile ihre Arbeitszeit reduziert oder andere Anpassungen vorgenommen.
Saudi-Arabien:
Zum einen veränderte Saudi-Arabien 2022 die Arbeitswoche: Statt von Sonntag bis Donnerstag wird jetzt von Montag bis Freitag gearbeitet. Zum anderen kürzte das Land die Arbeitszeit von einer 5-Tage-Woche auf eine 4,5-Tage-Woche. Die Veränderungen sind jedoch nur für Regierungseinrichtungen verpflichtend.
Spanien:
Spanien testet zwei Jahre lang die Einführung der 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. Im April 2023 gab die Regierung Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten die Möglichkeit, sich für die Teilnahme an einem staatlich finanzierten Versuch zu bewerben – Projektstart war Dezember 2023.
Dabei müssen sich die teilnehmenden Unternehmen mindestens zwei Jahre lang an die neuen Arbeitszeiten halten, mindestens 25 Prozent ihrer Beschäftigten den Versuch ermöglichen sowie die Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich um mindestens zehn Prozent (also einen halben Arbeitstag) kürzen.
Pilotprojekt in Deutschland
In Deutschland probieren etwa 45 Unternehmen und Organisationen in den kommenden Monaten projektweise eine 4-Tage-Woche aus. Verantwortet wird das Projekt von dem Unternehmen Intraprenör sowie der NGO 4 Day Week Global. Die teilnehmenden Unternehmen machen ab Februar 2024 für sechs Monate den Praxistest: nach dem Modell 100 Prozent Leistung in 80 Prozent der Zeit bei 100 Prozent Bezahlung. Innerhalb des Projektzeitraums können die Unternehmen auf Expertinnen und Experten zurückgreifen, neue Methoden lernen und mit den anderen teilnehmenden Arbeitgebern in den Austausch gehen. Bis zum Start im Februar sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer etwa mit Workshops auf die Umsetzung vorbereitet werden. Die wissenschaftliche Auswertung übernimmt die Universität Münster.
Die Namen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden bisher nicht genannt. 30 Prozent von ihnen haben ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen, 17 Prozent in Baden-Württemberg und 16 Prozent in Bayern. Im beliebten Start-up-Standort Berlin sind sechs Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer beheimatet. Bei den meisten teilnehmenden Organisationen handelt es sich um kleine Unternehmen mit 9 bis 48 Mitarbeitern (54 Prozent). 14 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind Großunternehmen mit mehr als 249 Mitarbeitenden.
Intraprenör arbeitet bei dem Projekt mit der NGO 4 Day Week Global zusammen, die das Projekt in ähnlicher Form bereits in verschiedene andere Länder gebracht hat. In Großbritannien zeigten sich anschließend viele der Unternehmen sehr interessiert an einer Einführung der 4-Tage-Woche. Weil sich die Unternehmen freiwillig für das Projekt melden konnten, sind die Ergebnisse sowohl aus Großbritannien als auch die künftigen für Deutschland nicht repräsentativ.