Teilzeitarbeit erreicht Rekordwert

Menschen auf dem Weg zur U-Bahn

So viele Erwerbstätige wie noch nie arbeiten in Deutschland in Teilzeit. Unter Lehrkräften hat die Teilzeitbeschäftigung dabei einen Höchststand erreicht.

Nach der Berechnung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg erhöhte sich die Teilzeitquote im dritten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahresquartal um 0,3 Prozentpunkte auf 39,2 Prozent. “Noch nie lag die Teilzeitquote so hoch wie heute”, so IAB-Experte Enzo Weber. Verantwortlich ist dafür ein Beschäftigungszuwachs in Branchen mit hohem Teilzeitanteil wie dem Gastgewerbe oder Erziehung und Unterricht.

Auch die Zahl der Beschäftigten mit einer Nebentätigkeit erhöhte sich in dem Zeitraum. Im dritten Quartal 2023 waren es dem IAB zufolge 4,47 Millionen Menschen und damit 2,9 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Damit folgt die Entwicklung wieder dem langfristigen Aufwärtstrend von vor der Pandemie, heißt es. Die Zahl der Menschen mit Mehrfachbeschäftigung lag demnach um 410.000 über dem Vorkrisenniveau. Mittlerweile geht jeder zehnte Beschäftigte einer weiteren Tätigkeit nach, so das IAB.

Die schwache Konjunktur wirkt sich auch darauf aus, wie viel die Menschen in Deutschland arbeiten. Die Arbeitszeit pro Person sank im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal um 0,7 Prozent auf 342,3 Stunden. Pro Woche arbeiteten die Beschäftigten im Durchschnitt 30,47 Stunden, im Vorjahresquartal waren es 30,5 Stunden. “Die Beschäftigung steigt kaum noch, es gibt wieder etwas mehr Kurzarbeit sowie weniger Überstunden und Einzahlungen auf die Arbeitszeitkonten”, so Weber.

Teilzeitbeschäftigung unter Lehrkräften erreicht Höchststand

Unter Lehrkräften erreichte laut Statistischem Bundesamt die Teilzeitbeschäftigung im Schuljahr 2022/2023 den höchsten Stand der letzten zehn Jahre. Mit rund 42,3 Prozent der Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen in Teilzeit lag die Quote leicht über dem Vorjahresniveau von 40,6 Prozent. Besonders auffällig ist der Trend zur Teilzeitarbeit bei Lehrerinnen. Im genannten Schuljahr arbeiteten 49,9 Prozent der Lehrerinnen in Teilzeit, Mehr als doppelt so viele wie ihre männlichen Kollegen, von denen nur 21,8 Prozent in Teilzeit tätig waren. Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen liegt die Teilzeitquote der Lehrer über dem Durchschnitt, da im Jahr 2022 nur 30,2 Prozent der abhängig Beschäftigten in Deutschland in Teilzeit arbeiteten.

Ein Hauptgrund für die hohe Teilzeitquote liegt im hohen Frauenanteil unter den Lehrkräften. Frauen stellten im Schuljahr 2022/2023 fast drei Viertel des Lehrpersonals an allgemeinbildenden Schulen, während der Frauenanteil bei den abhängig Beschäftigten aller Wirtschaftsbereiche im gleichen Zeitraum bei 48,0 Prozent lag.

Am meisten Teilzeit in Hamburg und Bremen

Signifikant sind die Unterschiede zwischen den Bundesländern. Hamburg und Bremen führen die Liste mit 54,4 Prozent bzw. 49,9 Prozent Teilzeitkräften an allgemeinbildenden Schulen an. Im Gegensatz dazu lag die Teilzeitquote in Thüringen bei lediglich 24,1 Prozent und in Sachsen-Anhalt bei 21,4 Prozent. In Bezug auf die Altersstruktur der Lehrkräfte ergab die Statistik, dass mehr als ein Drittel der etwa 724.800 Lehrkräfte in Deutschland 50 Jahre alt oder älter sind. Die Gruppe der unter 35-Jährigen machte hingegen nur 21,1 Prozent des Lehrpersonals an allgemeinbildenden Schulen aus.

Ein weiterer interessanter Aspekt ist der rückläufige Trend bei den Studienanfängern im Bereich Lehramt. Zum zweiten Mal in Folge sank die Zahl der Studierenden im vergangenen Jahr um rund 3,2 Prozent. Dies könnte langfristige Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von qualifizierten Lehrkräften haben und wirft Fragen zur Attraktivität des Lehrerberufs auf.

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Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.