Dürfen Arbeitgeber Drogentests anordnen?

4 Spritzen auf einem Tisch

Gerät der Drogenkonsum eines Beschäftigten außer Kontrolle, wirkt sich das in der Regel auf sein Berufsleben aus. Dürfen Arbeitgeber Mitarbeitenden dann zum Drogentest schicken?

Menschen konsumieren in unterschiedlichen Situationen und Mengen Drogen. Der eine konsumiert nur auf Festen, ein anderer greift jeden Abend dazu. Gerät der Konsum außer Kontrolle, wirkt sich das meist auch auf das Berufsleben aus. Nämlich dann, wenn zu Arbeitsbeginn noch Drogen im Körper sind und der Mitarbeitende nicht einsatzfähig ist. Ist das der Fall, ordnen Arbeitgeber bei den Betroffenen einen Drogentest an, um auf Nummer sicher zu gehen. Doch dürfen Arbeitgeber Beschäftigten überhaupt zum Drogentest schicken?

Grundsätzlich sind Drogen- wie auch Alkoholtests nur mit der Einwilligung des Mitarbeitenden möglich. Selbst dann, wenn ein offensichtlich alkoholisierter Beschäftigter zum Dienst erscheint, darf er nicht zu einem Test gezwungen werden. Der Artikel 2 des Grundgesetzes schützt Mitarbeitende hier. Entsprechend sind routinemäßige Tests vom Arbeitgeber tabu.

Wichtig: Medizinische Untersuchungen sowie biometrische und gentechnische Kontrollen sind en Eingriff in die Intimsphäre und so in das Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten – und daher nur unter sehr strengen Bedingungen möglich.

Arbeitgeber können und dürfen aber auch nicht einfach tatenlos zusehen, wenn ein Mitarbeitender unter Drogeneinfluss zur Arbeit kommt. Sie können den Beschäftigten entweder abmahnen oder sogar eine Verdachtskündigung aussprechen. Das ist möglich, wenn ein Mitarbeitender sich weigert, einen entsprechenden Test durchzuführen. Oder er informiert die Polizei. Auch das ist ein berechtigter Schritt.

Mitarbeitende haben die Wahl, wo sie Drogentests durchführen lassen

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtDass Arbeitgeber dennoch routinemäßig Tests durchführen dürfen, zeigt ein Urteil des Hamburger Arbeitsgerichts (Az.: 27 Ca 136/06): Mitarbeitende, die im Hamburger Hafen und mit Großgeräten tätig sind, müssen ein strenges Suchtmittelverbot einhalten. Als der Arbeitgeber den Verdacht hatte, dass einige seiner Beschäftigten, die diese Großgeräte bedienten, unter Drogeneinfluss standen, ordnete er Urinproben an – die seinen Verdacht bestätigten. Grundlage für dieses Vorgehen war eine zuvor vom Arbeitgeber und Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarung, die dem Arbeitgeber solche Drogentests erlaubte. Für die Arbeitsrichterinnen und -richter kein Problem, sie stützen dieses Vorgehen, weil hier die Sicherheit gewichtiger ist als das Persönlichkeitsrecht des einzelnen Mitarbeitenden.

Solche Tests sind also erlaubt, wenn es eine Rechtsgrundlage (zum Beispiel eine Betriebsvereinbarung) gibt, ein konkreter Verdacht vorliegt sowie Tätigkeiten mit einem hohen Gefahrenpotenzial ausgeführt werden, wie das zum Beispiel bei Pilotinnen und Piloten der Fall ist.

Tipp: Mitarbeitende haben die Wahl, wo sie den Test durchführen lassen wollen. Wer zur Ärztin bzw. zum Arzt seines Vertrauens gehen möchte, sollte das auch tun. Denn aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht erhalten Arbeitgeber lediglich eine Bestätigung, ob man uneingeschränkt arbeitsfähig ist oder nicht.

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Sabine Hockling

Die Chefredakteurin Sabine Hockling hat WIR SIND DER WANDEL ins Leben gerufen. Die Wirtschaftsjournalistin und SPIEGEL-Bestsellerautorin beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Veränderungen unserer Arbeitswelt. Als Autorin, Herausgeberin und Ghostwriterin veröffentlicht sie regelmäßig Sachbücher – seit 2023 in dem von ihr gegründeten DIE RATGEBER VERLAG.