Der Vertragsabschluss mit Selbstständigen darf nicht wegen der sexuellen Orientierung abgelehnt werden. Selbst dann nicht, wenn das Unternehmen sich auf die freie Wahl des Vertragspartners beruft.
Das hat die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg in einem Verfahren festgestellt (Az. C-356/21), bei dem es um einen freien Mitarbeiter eines Fernsehsenders in Polen ging. Der Mann hatte zusammen mit seinem Lebensgefährten ein Lied veröffentlicht, das für Toleranz warb. Daraufhin beendete der Sender die Zusammenarbeit mit dem Künstler, der viele Jahre lang für den Sender tätig gewesen war. Der setzte sich zur Wehr, klagte dagegen und verlangte umgerechnet rund 10.000 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld.
Nach polnischem Recht jedoch kann der Abschluss eines Vertrages aufgrund der sexuellen Orientierung des Vertragspartners abgelehnt werden. Das Gericht in Warschau aber zweifelt an der polnischen Regelung, mit der die europäische Gleichbehandlungsrichtlinie umgesetzt wird. Demnach kann bei der Wahl eines Vertragspartners die sexuelle Ausrichtung berücksichtigt werden. Diese Ausnahme sehe die Richtlinie aber nicht vor, da sie zum Schutz der Freiheit anderer Menschen nicht notwendig sei, erklärte nun die Generalanwältin aus Luxemburg.
Anti-Diskriminierung darf nicht ausgehebelt werden
Die Einschränkung der freien Wahl von Vertragspartnern schütze andere wichtige Werte wie die Gleichbehandlung im Beruf. Firmen könnten dennoch den am besten geeigneten Kandidaten auswählen. Das Gericht in Warschau dürfe die entsprechende polnische Vorschrift nicht anwenden, erklärte die Europäerin. Sie verhindere die Durchsetzung des Rechts, nicht wegen der sexuellen Ausrichtung diskriminiert zu werden.
Die Richterinnen und Richter am EuGH müssen sich bei ihrer Entscheidung zwar nicht an das Gutachten der Generalanwältin halten. Sie orientieren sich allerdings oft daran. Ein Termin für das Urteil ist noch nicht bekannt.
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