Obwohl die Rechtslage eindeutig ist, schalteten zwischen Januar und Mai 2024 über 11.000 Unternehmen fast 40.000 Stellenanzeigen, in denen der Begriff “jung” vorkam.
“Wir sind ein junges, dynamisches Unternehmen” oder “Komm in unser junges Team” – solche und ähnliche Formulierungen waren zwischen Januar und Mai 2024 bundesweit in knapp 40.000 Stellenanzeigen von mehr als 11.000 Arbeitgebern zu finden. Das waren 0,4 Prozent aller öffentlich ausgeschriebenen Jobinserate in Deutschland. Prozentual am häufigsten tauchte der Begriff “jung” dabei in Jobinseraten für Beschäftigte im Hotel- und Gaststättengewerbe (1,3 Prozent) und für PR- und Marketingmanager:innen (1,1 Prozent) auf. Wenig überraschend nannten Arbeitgeber den Begriff vor allem in Stellenausschreibungen für Nachwuchskräfte: Praktikant:innen (0,9 Prozent), Auszubildende (0,7 Prozent) und Young Professionals (0,6 Prozent). Sie erhoffen sich, dadurch attraktiver für diese junge Zielgruppe zu sein. Erstaunlicherweise kam er mit 0,6 Prozent fast genauso häufig in Anzeigen für Bereichs- und Hauptabteilungsleiter:innen vor, obwohl für diese Positionen eigentlich nur erfahrene Fachkräfte im fortgeschrittenen Alter in Frage kommen. Am seltensten tauchte das Wort mit einem Anteil von jeweils 0,2 Prozent an allen veröffentlichten Anzeigen in Inseraten für Lager- und Logistikarbeiter:innen sowie für Fachkräfte im Bereich Einkauf und Materialwirtschaft auf.*
Die Rechtslage ist durch das AGG eindeutig
“Den allermeisten Arbeitgebern ist durchaus bewusst, dass sie sich damit rechtlich auf dünnem Eis bewegen und verwenden daher lieber neutralere Formulierungen”, sagt Jürgen Grenz, Geschäftsführer der index Gruppe. Denn die Rechtslage ist eindeutig: Dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zufolge dürfen Arbeitgeber bei Einstellungen keine Unterschiede aufgrund des Alters machen. Die Verwendung des Begriffs “jung” in Stellenanzeigen könnte daher auf ältere Fachkräfte diskriminierend wirken. “Auch wenn das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern kürzlich eine Klage auf Altersdiskriminierung aufgrund einer solchen Formulierung abgewiesen hat, laufen Unternehmen zumindest Gefahr, dass sich Fachkräfte im fortgeschrittenen Alter gar nicht erst bewerben”, so Grenz.
*Zu diesen Ergebnissen kommt die Personalmarktforschung Index Research bei einer Stellenmarkt-Auswertung. Quellenbasis war dabei “index Anzeigendaten”, die größte Stellenanzeigen-Datenbank Europas.
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