Stress als Statussymbol: Warum immer mehr Menschen mit ihrer Belastung angeben und welche Folgen das für sie und ihr Umfeld hat – eine neue Studie zeigt überraschende Ergebnisse.
Laut einer Online-Umfrage der Stiftung für Zukunftsfragen, über die die Wirtschaftswoche berichtet, fühlen sich 52 Prozent der Deutschen heute häufiger gestresst als früher. Studien zeigen zudem: Gestresste Menschen wirken auf andere begehrter und erfolgreicher. Wer nie Zeit hat, gilt als knappe Ressource – und was knapp ist, erscheint wertvoll.
Kein Wunder also, dass viele im Job möglichst ausgelastet, wenn nicht gar überlastet wirken wollen. Dieses Phänomen nennt man „Stress Bragging“, auf Deutsch Stressprahlerei. Dabei erzählen Menschen nicht nur von ihren vollen To-do-Listen, sondern prahlen regelrecht damit.
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Jammern, um Arbeit abzuwehren
Julia Reif, Wirtschaftspsychologin an der Universität der Bundeswehr in München, sieht mehrere Gründe, warum Menschen ihre Belastung betonen. Manche wollen damit zusätzliche Aufgaben abwehren. Wer ständig über Stress klagt, könnte aber auch vor einem Burnout stehen. Solche Warnsignale sollten Kolleg:innen und Vorgesetzte ernst nehmen. Andere wiederum wollen zeigen, dass sie eine Beförderung oder mehr Gehalt verdienen.
Die Forschung zu Stress Bragging steckt noch in den Anfängen. Erst im vergangenen Jahr führten Wissenschaftler:innen an der Universität Georgia zwei Experimente dazu durch. Sie vermuteten, dass Angestellte mit ihrem Stress Eindruck schinden wollen. Doch die Studienergebnisse zeigen: Weder die Prahler noch ihr Umfeld profitieren davon.
Alle leiden unter dem Großgetue
Die Versuchspersonen, die demonstrativ ihre vollen Kalender präsentierten, wirkten auf andere weniger herzlich und kompetent. Zudem waren die Probanden weniger bereit, diesen Personen zu helfen. Auch Kolleg:innen leiden unter dem Großgetue. Ihr eigenes Stresslevel steigt, und damit wächst das Risiko für einen Burnout. Die Studienautor:innen raten Führungskräften, die Leistungen ihrer Teammitglieder stärker anzuerkennen – das könnte den Druck mindern.